Duisburg. . Indra Kortenhorn war erst mit einem Mann verheiratet, bevor sie ihre Liebe zu Frauen entdeckte. Ihre Lebensgefährtin lernte sie online kennen.
Indra Kortenhorn spaziert Hand in Hand mit ihrer Freundin und Hündin Lotta um den Toeppersee. Ihr war schon früh klar, dass ihr in einer Partnerschaft mit einem Mann etwas fehlt. Trotzdem heiratete sie mit 21 Jahren einen Kerl, bekam zwei Kinder. „Irgendwie war ich immer auf der Suche“, erinnert sie sich und schiebt hinterher: „Seit 15 Jahren bin ich jetzt umgekrempelt.“
Ihre Liebste hat sie über „Lesarion“, ein Internet-Datingportal für lesbische Frauen, kennen gelernt. „Sie war eigentlich nicht mein Typ. Aber irgendwie kam sie mir bekannt vor, und später haben wir dann festgestellt, dass wir uns vom Sehen kannten, weil sie mal als Postbotin in unserem Stadtteil gearbeitet hat.“ Mit ihrer Beziehung geht sie ganz offen um: „Rumeln ist ein Dorf.“
29 Jahre war Indra Kortenhorn alt, als sie nach ihrer Ehe zum ersten Mal mit einer Frau zusammenkam. „Meine Kinder haben ganz locker reagiert. Die Kleinste ging ja noch in den Kindergarten. Die Ältere hat einfach akzeptiert, dass die Mama eine Freundin hat“. Für Lehrer, Bekannte oder die Arbeitskollegen bei der Stadt war ihre sexuelle Orientierung nie Thema. Die 45-Jährige sagt glücklich: „Es fühlt sich alles richtig an.“
Nadine Wels weiß, seitdem sie 22 Jahre alt ist, dass sie lieber Beziehungen mit Frauen führt. Sie hat sich ein Amazonen-Tattoo stechen lassen, sagt jedoch: „Klassische Erkennungszeichen, ob jemand lesbisch ist, gibt es eigentlich nicht. Aber irgendwie merkt frau das trotzdem.“ Sie und Indra Kortenhorn gehen zwar offen mit ihrer Beziehung um und haben in der Vergangenheit schon mal die Parade zum Christopher Street Day besucht – aber in der Szene aktiv sind sie nicht. Zu oft entspreche das eben doch dem Klischee. „Es gibt auch kaum Partys, wo frau in Duisburg hingehen könnte.“ Das Szene-Leben spiele sich eher in den umliegenden Großstädten, beispielsweise in Köln, ab.
Keine Rollenverteilung
An die Nachrichten, die sie sich anfangs via Internet schickten, kann sich die Buchholzerin noch gut erinnern. „Wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten.“ Darin unterschieden sich die Mails – andere waren eher auf einen schnellen Flirt aus. Ein paar Tage später trafen sie sich zum ersten Mal nach der Arbeit zum Kaffeetrinken in der Innenstadt. „Natürlich war das aufregend“, erzählt Indra Kortenhorn. Mit der Zeit wurden die Gespräche intensiver, die beiden sahen sich öfter. Als die beiden sich sicher sind, dass sie zusammenbleiben wollen, lernt Nadine auch die Töchter kennen. „Mir war klar, dass ich nicht einfach wieder so verschwinden kann, wenn ich erstmal die Kinder kennen gelernt habe.“ Eine klassische Rollenverteilung hat sich bei den beiden Frauen übrigens nicht ergeben. Indra Kortenhorn sagt lächelnd: „Wenn wir uns streiten, können wir beide ganz schön rumzicken.“
„Die Szene ist nocht so groß wie in Köln“
Wie viele homosexuelle Menschen in Duisburg wohnen, lässt sich nicht genau sagen. Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass etwa fünf bis zehn Prozent aller Personen entweder schwul oder lesbisch sind. Christian Karus, Vorsitzender des Verein „DU Gay e.V.“, erklärt im Gespräch, wie es um die Szene in Duisburg bestellt ist und wie tolerant die Duisburger wirklich sind.
Herr Karus, gibt es eine typische Szene in Duisburg?
Es gibt eine Szene, allerdings ist die nicht so groß und offen wie in Essen oder Köln. Hier gibt es etwa drei Kneipen, wo sich die Szene trifft.
Wie viele Mitglieder hat der Verein „DU Gay“ momentan?
Wir sind 25 Aktive. Das ist überschaubar, aber der Zusammenhalt ist groß. Um uns zu präsentieren und auf unsere Themen aufmerksam zu machen, organisieren wir den Christopher Street Day. Aber auch hier ist es so, dass es in anderen Städten mehr Unterstützung gibt – zum Beispiel von Firmen.
Im Stadtbild fallen homosexuelle Paare tatsächlich kaum auf. Ist es ein Problem, sich in Duisburg offen zu zeigen?
Es gibt in der Tat Paare, die sich lieber nicht Händchen haltend oder küssend in der Innenstadt zeigen wollen, weil sie in der Vergangenheit doofe Sprüche zu hören bekommen haben. Deshalb halten sie sich zurück. Der Duisburger ist leider nicht so tolerant wie die Menschen in anderen Städten. „Schwul“ ist oft noch ein Schimpfwort.
Leisten Sie denn Aufklärungsarbeit, zum Beispiel an Schulen?
Wir selbst haben kein Angebot, aber es gibt Kooperationen mit Jugendzentren und mit der Aidshilfe in Duisburg. Bei der Stadt haben wir mal ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister geführt – mittlerweile gibt es auch einen Beauftragten bei der Stadt, der sich für die Anliegen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender einsetzt. Aus unserer Sicht ist dies ein Anfang, der in Zukunft noch ausgebaut werden kann.
Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen?
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Schwule, Lesben oder Transgender in der Öffentlichkeit unterwegs sein können, ohne Beleidigungen oder Diskriminierung erfahren zu müssen.