Duisburg. . Ist die Demokratie in Gefahr? Thema und Redner Norbert Lammert sorgten in Duisburg für eine volle Salvatorkirche.
- Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach in Duisburg über Gefahren für die Demokratie
- Er warnte dabei auch vor der Bequemlichkeit vieler Bürger, die nicht zur Wahl gehen
- Von der Kanzel der Salvatorkirche mahnte er mit einem Bibelsatz: „Fürchtet Euch nicht.“
„Es ist wie Heiligabend“, freute sich Sonntagabend Superintendent Armin Schneider, „obwohl nicht das Christkind zu Gast ist“. Zu Gast war Prof. Dr. Norbert Lammert, und er sorgte für eine proppevolle Salvatorkirche. Mehr als 700 Bürger waren gekommen zur Kanzelrede des Präsidenten des Deutschen Bundestages.
Mit „Angst essen Seele auf“ hatte der über alle Parteigrenzen hinaus angesehene CDU-Politiker seinen Vortrag mit einem Filmtitel von Rainer Werner Fassbinder überschrieben – mit der Ergänzung „Wie gefährdet ist unsere Demokratie?“ Ist die Einrichtung, die Deutschland seit 70 Jahren Frieden und Freiheit sichert, tatsächlich in Gefahr? „Ja, natürlich“, rief Lammert aus. Sie werde gefährdet durch Intoleranz und Fanatismus, aber auch durch die Bequemlichkeit der Bürger, wenn sie beispielsweise nicht mehr zur Wahl gingen.
Zitate von Steinmeier und dem Apostel Paulus
„Wir leben in stürmischen Zeiten“, zitierte Lammert zu Anfang seiner nachdenklichen Kanzelrede den künftigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, aber auch den Apostel Paulus: „Uns ist bange, aber wir verzagen nicht.“ Angst sei nicht neu, machte er deutlich, aber gleichwohl greife sie in Deutschland um sich. Zwei Drittel der Bürger fühlten sich unsicher, berief sich Lammert auf eine aktuelle Umfrage. Und er sagte auch: „Es sind nicht eingebildete Bedrohungen.“ Gleichzeitig seien aber zurzeit 94 Prozent der Bürger ohne Sorge um ihren Arbeitsplatz, gehe es dem größten Teil der Bevölkerung persönlich, wirtschaftlich und finanziell gut. Nur jeder zehnte Deutsche erwarte eine Verschlechterung seiner Situation, aber jeder vierte eine Verbesserung. Gehe der Blick aber aufs Land, auf Europa oder die Welt „trübt sich das Bild sofort ein“.
Opfer und Täter – es sind immer Menschen
Lammert erinnerte von der Kanzel der Salvatorkirche an den Fall des Ostblocks, an die Euphorie vor mehr als 25 Jahren. Auch damals sei die Geschichte weitergegangen, habe in Europa den Krieg in Jugoslawien gebracht, den Völkermord in Ruanda, Al Kaida und den Islamistischen Staat. Gemeinsam sei all diesen Entwicklungen eines: „Es ist alles Menschenwerk. Nichts davon ist wie ein Naturereignis über uns gekommen.“ Menschen seien zu Opfern geworden, aber eben auch zu Tätern.
Zugleich seien in Deutschland die Rahmenbedingungen so gut wie nie zuvor in der deutschen Geschichte, fast alle Probleme zu lösen – zusammen mit den Partnern jenseits der Grenzen. Durch „Rückzug in nationale Schrebergärten“ seien die Probleme des 21. Jahrhundert nicht zu lösen. Und nicht zuletzt helfe ein Blick in die Bibel. Dort stehe an 365 Stellen „Fürchtet Euch nicht!“ – ein passender Rat für jeden Tag des Jahres.