Duisburg. Zum Valentinstag starten wir die Serie “Liebes-Leben“ - mal sexy, mal ernst, zum Auftakt romantisch. Duisburger erzählen ihre Liebesgeschichten:
Es ist, was es ist, sagt die Liebe“, schrieb einst Erich Fried: Wir haben unsere Leser gefragt, was die Liebe für sie bedeutet und sie aufgefordert, uns ihre Geschichten zu erzählen oder Komplimente zu schicken. Das romantische Ergebnis finden Sie hier.
Dabei wollen wir uns den großen Gefühlen nicht nur zum Valentinstag widmen. „Liebes-Leben“ heißt eine neue Serie in der Duisburger WAZ. In den nächsten Folgen dreht sich alles um Partnerschaft und Beziehungstrends. Es wird manchmal sexy, ernst oder tiefgreifend. Dabei achten wir auf einen seriösen Ton, so wie Sie es von Ihrer WAZ gewöhnt sind.
Wir finden: In Zeiten wie diesen kann es nicht genug Liebe geben.
Liebesgrüße zum Valentinstag
Ellas große Liebe
Die Geschichte von Rebecca Elisabeth Waltraud Holst, die alle nur „Ella“ nennen, ist filmreif. Aber die 40-Jährige will sowieso ein Buch schreiben. Das soll von ihrer großen Liebe Katrin Romanski handeln, und der Sehnsucht, die Ella viele Jahre aushalten musste. „Ich habe echt gelitten.“
Schon als Grundschülerin war Ella fasziniert von Katrin. „Sie hat so eine liebe Art.“ Sie selbst beschreibt sich eher als Jungen, hat mit den anderen Skaterbahnen gebaut, ist geklettert, hat lieber getobt als mit Puppen gespielt. Allerdings ist die Angebetete vier Jahre jünger und ahnt nichts von den Gefühlen. Und auch Ella ist erst einmal irritiert, muss klären, wo sie hingehört und ob es wohl richtig ist, sich in ein Mädchen zu vergucken.
Beide sind im selben Viertel im Kreyenbergshof in Obermarxloh aufgewachsen. „Ich hatte Ella eigentlich nur wahrgenommen, weil sie im gleichen Haus wie meine beste Freundin wohnte“, erinnert sich Katrin Romanski. Von Gefühlen ahnt sie nichts. Auch nicht, als Ella sie Jahre später anspricht, ob sie nicht mit ihr in einer Band spielen will. „Meine Geschwister und ich haben schon immer Musik gemacht. Und als ich dann sah, dass Katrin Gitarre spielt, habe ich sie gefragt, und war überglücklich, dass sie Ja sagte.“ Fortan treffen sich die Jugendlichen einmal pro Woche, covern Pop-/Rock-Stücke. „Ich habe mich immer total gefreut, wenn wir uns wiedergesehen haben.“ Katrin, damals etwa dreizehn Jahre alt, ahnt immer noch nichts. Im Gegenteil: Sie lernt ihren ersten Freund kennen.
Ella verliert den Mut. „Sie war unerreichbar für mich.“ Die Band gibt irgendwann ihr letztes Konzert. „Der Abend war schlimm, aber ich musste mich selbst schützen.“ Katrin glaubt hingegen, dass die Band aus Zeitgründen pausiert. „Ich war ja dann in der Ausbildung und hatte auch nicht mehr so viel Zeit an den Proben teilzunehmen.“
Es folgt eine Jahre lange Pause, in der Katrin Romanski mit ihrem Freund zusammen ist. Auch Ella Holst findet andere Partner und Partnerinnen. Zwischendurch bekommt sie einen Sohn, ein Wunschkind. Trotzdem fehlt immer etwas. Die Sehnsucht nach Katrin ist groß. Ihrer Mutter zu beichten, dass sie eigentlich lesbisch ist, dazu kommt es nicht mehr – sie stirbt vorher. „Die Mutter kannte ich gut. Da habe ich auch überlegt, anzurufen, aber das Leben ging weiter und irgendwann war es zu spät“, erzählt Katrin Romanski, heute 36 Jahre alt. Es dauert weitere Jahre, Ella schaut ab und zu auf Facebook nach, ob sie Katrin findet. Irgendwann entdeckt sie ihren Bruder und hinterlässt ihm eine Nachricht samt Telefonnummer, und der Bitte, dass sich Katrin melden solle. Nach fünf Jahren ruft sie tatsächlich an.
Den Zettel mit der Telefonnummer verschlampt
Als das Telefon klingelt, hat Ella Holst damit gar nicht mehr gerechnet. „Mein Bruder hat den Zettel verschlampt. Er ist hinter eine Anrichte gerutscht. Bei einem Umzug entdeckte er ihn dann wieder.“ Katrin, immer noch in einer Beziehung, ruft in einer ruhigen Minute zurück. Es wird ein langes Gespräch. Sie machen wieder zusammen Musik, treffen sich auch mal, um Kaffee zu trinken. Ella erzählt von ihrer Partnerin und „testet“ die Reaktion. „Für mich war das Okay.“ Nach einer Probe traut sie sich endlich, ihrer Freundin zu gestehen: „Ich war mal in dich verliebt.“
Die Sekunden danach kommen ihr ewig vor. „Wir standen an einer Ampel, ich musste losfahren“, erklärt Katrin, und schaut Ella verliebt an. Erst in vielen Gesprächen danach wird ihr klar, dass die Freundin noch immer verliebt in sie ist. „Ich hatte mich von meinem Freund zwar getrennt, musste mir aber erst einmal selbst klar werden, ob ich das will oder ob ich nur neugierig bin, auch mal etwas mit einer Frau anzufangen. Ich wollte sie nicht verletzen.“ Ella hingegen fühlt sich befreit. „Da ist eine riesige Last von mir abgefallen. Das ging ja fast 30 Jahre.“
Familie reagierte positiv
Irgendwann wird Katrin klar, dass es nicht nur Neugierde ist. „Ich war aber feige. Wir haben immer wieder darüber gesprochen, ob wir uns mal küssen sollen, aber passiert ist es dann doch nicht.“ Der erste Kuss beschreiben beide dennoch als „spektakulär.“ Vorsichtig, intensiv. „Weich, und überhaupt nicht so stoppelig wie mit einem Mann“, erinnert sich Katrin. „Frauen wissen eben wie Frauen ticken“, sagt Ella, und schmunzelt. Die nächste Hürde war es, die Beziehung ihrer Familie zu beichten. „Meine Mutter hat gut reagiert.“ Und die anderen reagieren ebenfalls positiv. „Sie meinten: ,Endlich wirst du mal vernünftig. Deine Kerle waren ja eher naja.’“
Ellas Sohn hat die Neue jedenfalls unbeeindruckt begrüßt. Er kannte sie ja schon. Mit einer anderen Freundin wohnen sie nun in einem Häuschen. „Neulich hat der Kleine in der Schule erzählt, dass er drei Mamas hat. Da waren die anderen Kinder alle neidisch“, erzählt Ella. Mit ihrer Geschichte möchte sie anderen Mut machen, früher über ihre Gefühle zu sprechen, und an die Liebe zu glauben. „Ich bin glücklich.“
"Jutta hatte immer einen Platz in meinem Herzen"
„Richtig Schluss gemacht haben wir eigentlich nie.“ Jutta Hahn schaut ihren Freund Peter Zimmer an. Sie kennen sich seit mehr als 40 Jahren. „Er war damals ein Mädchenschwarm. Auch mir hat er gefallen, aber richtig interessiert hat er mich nicht“, erinnert sie sich. Vielleicht war genau das der Grund, warum er sie interessant fand. Sie war 14, er schon 16. „Typen haben mich in diesem Alter kalt gelassen.“ Trotzdem „gehen“ sie eine Zeit lang miteinander. Doch die frische Liebe erlischt bei Peter. Es gibt andere Mädchen und andere Jungs bei Jutta. Nach Jahren fanden sie sich nun via „Stay-friends“, einem Internet-Portal, bei dem man alte Klassenkameraden angezeigt bekommt, wieder.
Wiedersehen kündigt sich bei E-Mail an
„Eigentlich wussten wir immer, wie es einander geht.“ Beide kommen ursprünglich aus Mülheim, hatten gemeinsame Bekannte. „Einmal haben wir uns wiedergesehen, weil unsere Kinder durch Zufall in dieselbe Ferienfreizeit gefahren sind“, erklärt die 59-Jährige. Beide freuten sich, hatten aber die Partner dabei. „Ich habe mich schon öfter gefragt, was wohl aus ihr geworden ist.“ Irgendwann sei er nochmal zu ihrem Elternhaus gegangen. „Ich habe mich aber nicht getraut zu klingeln. Ich wusste ja nicht, was ich da lostrete“, gesteht Peter Zimmer.
Das Wiedersehen kündigte sich schließlich per E-Mail an. Jutta Hahn gratulierte ihrer Jugendliebe zum Geburtstag. „Normalerweise hat er darauf nie reagiert, deshalb war ich überrascht, als ich doch etwas hörte.“ Sie schrieben sich, „ellenlange“ E-Mails. Irgendwann verabredeten sie sich. „Es war direkt so eine Vertrautheit wieder da“, erinnert sich der 61-Jährige. Später lädt sie ihn zum Fußballgucken ein. Vermintes Gelände, Schalke- und Dortmund-Fans treffen aufeinander. Doch alles geht gut. „Und auch vor den Kindern ließ es sich nicht mehr verheimlichen, ich hab ständig gekichert“, erzählt Jutta Hahn. Nach ein paar Treffen ist Peter Zimmer prompt bei ihr eingezogen.
„Aufgewärmt“ fühle sich diese Liebe überhaupt nicht an. Zimmer sagt: „Jutta hatte immer einen Platz in meinem Herzen.“
Frisch verliebt seit sechs Jahrzehnten
Als wir geheiratet haben, war der 14. Februar gar kein Valentinstag“, erinnert sich Josef Deina. Es ist also ein schöner Zufall, dass er und seine Frau Doris nun an diesem romantischen Tag Hochzeit feiern. Die Ehe der beiden hält nun seit 60 Jahrzehnten und die beiden sind noch immer ganz verliebt ineinander: „Mein Gott, das sind schon 60 Jahre!“
Kennen gelernt haben sie sich in der Pfarrjugend in Hochfeld. „Ich habe sie irgendwann angesprochen. Sie ist mir aufgefallen, weil sie so ein nettes und natürliches Mädchen war“, erinnert sich Josef Deina, ein Charmeur alter Schule. Sie war damals 16, er schon 20. Umgekehrt wusste die Duisburgerin sofort, dass sie den jungen Mann, der so gut Gitarre spielen konnte, später einmal heiraten wollte. Nur die Mutter hatte andere Pläne. Der gelernte Modellschreiner war ihr nicht gut genug. „Aber ich habe Hausarrest und andere Strafen in Kauf genommen, damit ich ihn wiedersehen konnte.“ 1957 wurde schließlich geheiratet. Aus Liebe, und weil sie dann eine Wohnung bekamen. „Das war ja damals gar nicht so einfach.“ Am 14. Februar gaben sie sich auf dem Standesamt das Ja-Wort, ein halbes Jahr später wurde kirchlich geheiratet.
Im Alltag auf kleine Gesten achten
„Die jungen Leute gehen heute viel zu schnell auseinander“, findet Josef Deina. Die 81-Jährige und der 85-Jährige haben gute und schlechte Zeiten miteinander durchgestanden. Eines ihrer Kinder kam schwerst-behindert auf die Welt und verstarb später. Die beiden hielten zusammen. Und wenn es doch einmal Streit gab, dann ging keiner schlafen, ohne sich nicht vorher zu entschuldigen. „Reden, reden, reden“, nennt Josef Deina ein Rezept für eine lange Ehe. Beide unternehmen viel gemeinsam. Er singt im Chor, sie traf eine Zeit lang ihre Frauenrunde. Zum Wandern, Skifahren und in den Kneipp-Verein gehen sie beide. Am liebsten möchte Doris Deina ja noch Ur-Oma werden. Aber da haben die Enkel ja auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Im Alltag achtet das Paar auf kleine Gesten. „Das Frühstück wird jeden Morgen zelebriert.“ Früher hat er für sie immer Brötchen geholt. Das ist in letzter Zeit seltener geworden – Doris Deina isst nun am liebsten Körnerbrot.