Der Radio-Talker a.D. Jürgen Domian beschert seinem Publikum einen bewegenden Abend mit ernsten und amüsanten Themen. Ovationen schon zu Beginn.

  • Radio-Talker Jürgen Domian sagte in seiner letzten Sendung: „Niemals geht man so ganz“
  • Nun ist er mit der Reihe „Domian redet“ auf Tour und stoppte auch im Steinhof vor dankbarem Publikum
  • Er ist ein Mann mit Haltung, der niemanden verurteilt. Skurriles, Sex und Sterbehilfe sind seine Themen

Es ist Freitagabend, 20 Uhr. Pünktlich ertönt der Jingle „Ihr hört Einslive Domian. Das Talkradio“. Diesmal sitzen die Hörer allerdings nicht vor dem Radio oder Fernseher, sondern im Huckinger Steinhof. Als Jürgen Domian, Deutschlands lang gedienter Radio-Talker a.D. die Bühne betritt, erhebt sich das Publikum. Standing Ovations, bevor die Veranstaltung richtig begonnen hat. Das ist selten. Domian sieht frisch aus, obwohl er jetzt einen anderen Tagesrhythmus hat. Er hat es so gewollt. Noch immer verabreden sich nachts Fans über Twitter, um sich alte Sendungen auf Youtube anzuschauen.

Seine Anrufer waren teils skurril, lustig, oft ernst. Domian hat nie jemanden verurteilt für seine Vorstellungen von Sexualität, ganz gleich, ob er in seinen Leierkasten verliebt ist oder nachts als Katze im Catsuit durch die Wohnung schleicht. Und doch bezieht er Stellung. So liefert denn auch dieser Abend keinen Small-Talk. Es geht um Sex, Sterbehilfe und einen Hirschen. Diesmal hört Domian nicht nur zu, sondern gibt Antworten und Einblicke in sein Leben nach der Sendung. Zum einen stellt er sich den Fragen des Moderators Tobi Schäfer, zum anderen denen der Fans. Stellvertretend sagt Schäfer: „Danke, Domian! Du hast die Nacht ein bisschen weniger dunkel gemacht.“

Er sprach mit Nazis und Pädophilen

Domian wusste nie, wer sich meldet. Er sprach mit Nazis und Pädophilen: „Warum sollte ich denn nicht mit denen reden. So ein Gespräch ist doch eine Chance.“ Manchmal wurden die Personen nach dem Anruf von einer Psychologin zurückgerufen, dann wieder brauchte auch Domian eine Pause. Etwa, als er mit einer Mutter sprach, deren Kind ermordet wurde. „Es haben sich Leute gemeldet, die niemanden zum Reden hatten oder auch mit der Familie nicht reden konnten“, erinnert er sich.

Und es gab Lydia, eine 73-jährige Kölnerin, die in der Sendung erzählt, wie sie ausgerechnet auf dem Friedhof einen älteren Herrn kennen lernte. Nach der Grabpflege ging’s zum Oralverkehr in den Wald. „So etwas habe ich noch nie erlebt, das war so toll“, erzählte sie begeistert. Das Telefonat wird nochmal eingespielt im Steinhof.

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„Wir oft musstest du dir das Lachen verkneifen?“, fragt ein Besucher. „Nie, wenn ich lachen musste, habe ich das getan, und das hat mir niemand übel genommen.“ Lydia wird übrigens zu seinem Auftritt in Köln kommen. Sie hatte es nach dem Anruf zu einer gewissen Berühmtheit gebracht, weil einige Nachbarn, und auch der Sohn, zugehört hatten. „Dem Sohn war das peinlich, Lydia aber gar nicht. Vielleicht liegt es an der Nacht, dass die Scheu fällt“, vermutet er.

50.000 Euro für ein Palliativ-Zentrum in Köln

Mit einer Anruferin ist Zen-Buddhist Domian inzwischen befreundet. Schwester Katharina, eine Nonne, hatte sich stets den Wecker gestellt, um seine Sendung zu hören und für die schweren Fälle zu beten. Der Kirche hat Domian abgeschworen, seine Ruhe und Frieden findet er in langen Urlauben – und in Gesprächen mit Schwester Katharina. Den Prozellan-Hirschen, der stets in seiner Sendung zu sehen war, hat er versteigert. 50.000 Euro kamen zusammen, er spendet es an ein Palliativ-Zentrum in Köln. Ein riesiger Hirsch ist bei seinen „Domian redet“-Abenden stets dabei.

„Ich finde es toll, dass es so jemanden wie dich gibt, der immer differenziert ist. Ich würde dich so gerne einmal umarmen“, sagt eine Besucherin im Steinhof. Und Domian, gänzlich ohne Berührungsängste, kommt ins Publikum und umarmt die junge Frau. Applaus für einen bewegenden Abend.