Duisburg. . Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link blickt im Interview zum Jahreswechsel optimistisch nach vorn. 2017 werden große Bauprojekte fortgesetzt.

  • Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link blickt im Interview zum Jahreswechsel optimistisch nach vorn
  • Die Stadtentwicklung sei auf einem gutem Weg. 2017 werden große Bauprojekte fortgesetzt
  • Auch an der konsequenten Ordnungsstrategie hält der OB in diesem Jahr fest

Da weitermachen, wo die Stadt 2016 aufgehört hat – das hat sich Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link für 2017 vorgenommen. 2016 sei ein gutes Jahr gewesen. Viele (Bau)-projekte sind angestoßen worden, allen voran die Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofsgeländes in Wedau, in der Altstadt oder „The Curve“ im Innenhafen, aber auch die dringend notwendigen Sanierungen von Schulen und Kitas. „Da werden wir nachhaltig weitermachen“, sagt Sören Link im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Stadtentwicklung sei auf einem guten Weg. „Und da rede ich nicht nur von Bau- und Planungsvorhaben, sondern auch von wichtigen Abbruchvorhaben, wie bei den Weißen Riesen, die in 2017 verschwinden.“ Duisburg bewege sich weg „von einem Relegationsplatz, auf dem Weg wir jetzt möglicherweise sind, hin zu einem Platz an der Sonne.“

Sparkurs geht weiter

Weitergehen werde es auch am Hauptbahnhof. „Es liegt noch ein Grundstück an der Mercatorstraße brach. Es ist in der Ausschreibung und damit zu rechnen, das wir im nächsten Jahr dafür einen Besitzer haben“, so Link. Gleiches gelte fürs Mercatorquartier, „wo wir im ersten Halbjahr 2017 in die Vermarktung einsteigen.“

Dass es nicht leicht sein wird, den Platz an der Sonne zu erklimmen, ist Link bewusst. Zumal die Stadt weiter konsequent sparen muss. Die Handlungsspielräume werden kleiner – auch weil die Landeszuschüsse weiter zurückgefahren werden. Link hätte sich „mehr finanzielle Unterstützung von Bund und Land gewünscht.“ Zwar habe der Bund einiges getan. „Und man muss fairerweise auch sagen: Das was seit 2010 unter der Regierung Kraft an die Kommunen weitergeleitet wurde, ist beachtlich. Das sind Milliarden. Trotzdem, wir brauchen einfach mehr Geld vom Land. Ich wünsche mir, dass wir zu einer Regelung kommen, dass der, der bestellt auch bezahlt“, sagt Sören Link.

Geld statt Stellen

Und manchmal müsse die finanzielle Hilfe dem Land gar nicht viel kosten. „Wir haben in Duisburg unbesetzte Lehrerstellen. Es gab mal ein Landesprogramm ,Geld statt Stellen’. Wenn es keinen Lehrer für ein Jahr gab, hatte die Schule das Geld bekommen. Das wünsche ich mir wieder, weil wir damit Integrationsleistungen an Schulen für Kinder finanzieren können“, sagt der OB. Den Wunsch habe er bei der Landesregierung platziert. Es sei eine aktive Hilfe und würde dem Land keinen Cent mehr kosten.

Das Interview:

Herr Oberbürgermeister: Was waren für Sie die drei wichtigsten Themen in 2016?

Sören Link: Wir haben den Kurs, keine neuen Schulden zu machen, fortgesetzt. Schon 2015 haben wir das zum ersten Mal seit den 90er Jahren geschafft. Das ist die Basis für alles Weitere. Zweiter Punkt: Die Expo Real in München hat gezeigt, wo wir uns hinentwickelt haben und dass wir auf einem ausgesprochen gutem Weg sind. Das nehmen die Investoren und die Bürger wahr. Dritter Punkt: Wie die Stadtverwaltung unter widrigen Umständen ihre Arbeit gemacht hat, das war toll. Egal ob beim Thema Asyl oder bei den Einsätzen im Außendienst.

Worüber haben Sie sich am meisten gefreut?

Über die Wiedereröffnung der Mercatorhalle hat sich OB Sören Link in 2016 am meisten gefreut.
Über die Wiedereröffnung der Mercatorhalle hat sich OB Sören Link in 2016 am meisten gefreut. © Stephan Eickershoff

Sören Link: Die Wiedereröffnung der Mercatorhalle, der guten Stube unserer Stadt. Und über den „Ideen für Duisburg-Prozess“. Wir haben eine Leitbildkampagne gestartet, die nicht darauf setzt, dass sich Leute in Hinterzimmern Gedanken machen, sondern bewusst einen Prozess angestoßen, der Bürger, Vereine, Wirtschaft und Politik mitnimmt. Ich habe alle Veranstaltungen besucht. Es gab keine, auf der nur gemeckert wurde, es wurde teilweise deutlich kritisiert, aber konstruktiv. In Rheinhausen ging es um das Thema Verkehr und Logistik, aber nicht nach dem Motto: die Logistik muss weg, sondern der Verkehr sollte anders, nicht durch die Wohngebiete, geführt werden.

Hat sich aus den Diskussionen ein Leitbild herauskristallisiert?

Sören Link: Ja, aber wir werten den Prozess gerade aus. Wir werden für die Ratssitzung im März eine Vorlage mit der Quintessenz des Prozesses erarbeiten. Dem will ich nicht vorgreifen.

Worüber haben Sie sich am meisten geärgert in 2016?

Sören Link: Über das, was im Zusammenhang mit der Task-Force Problemimmobilie berichtet wurde. Nicht weil ich das persönlich nicht aushalten würde, sondern weil es hier um meine Mitarbeiter ging, die einen schwierigen Job gemacht haben und machen. Leute, die auf rechtsstaatlichen Grundlagen handeln, in die Nähe von der Gestapo zu setzen, das ärgert mich. Mich hat auch sehr geärgert, was rund um den Integrationsrat mit der Debatte um die Armenien-Resolution passiert ist, weil mir das gezeigt hat, dass offensichtlich einige Vertreter ein mangelndes Demokratieverständnis haben. Ich frage mich, was die im Integrationsrat zu suchen haben. Da ist in den letzten Jahren etwas schiefgelaufen.

Eine konsequente Null-Toleranz-Strategie ist spürbar. Sind Sie der Recht- und Ordnungsmann?

Sören Link: Ich bin jemand, der an die Null-Toleranz-Strategie glaubt. Ich glaube daran, dass man besser schnell einschreitet, wenn es ein kleines Problem gibt, als lange zuzugucken und dann ein großes Problem lösen zu müssen. Deshalb haben wir sehr schnell die Task-Force Problemimmobilie unter der Leitung von Daniela Lesmeister optimiert. Wir haben beim Thema Sauberkeit das Problem, dass es Straßenzüge gibt, in denen nicht richtig verstanden wird, wie man in Deutschland zusammen lebt. Da müssen wir als Stadt handeln. Wir räumen den Müll weg und erhöhen ab Januar die Reinigungskluster. Aber wir ermitteln auch die Verursacher. Das haben wir in Marxloh gemacht, in Hochfeld und das machen wir konsequent weiter. Ich möchte, dass die Bürger sauber und sicher in Duisburg leben können.

Die Ordnungs-Strategie scheint derzeit im Vordergrund zu stehen. Wo bleibt die soziale Integration?

Sören Link: Wir haben in Duisburg unter Beweis gestellt, dass wir Integration können. Wir haben nicht nur Tausende von Asylbewerbern untergebracht, wir haben sie auch in die Gesellschaft integriert, ohne dass es zu öffentlichen Aufregungen gekommen ist. Sie nehmen an der Sprachförderung teil, die Kinder gehen in die Schule. Bei den Menschen, die eine Bleibeperspektive haben, beginnen die beruflichen Integrationsmaßnahmen. Für die, die sich integrieren wollen, brauchen wir eine ausgestreckte Hand. An die, die sich partout nicht unseren gesellschaftlichen Regeln unterwerfen wollen, richten wir eine klare Ansage.

Die Flüchtlingszahlen gehen zurück, die Kommunen fordern mehr finanzielle Unterstützung für die Integration der Flüchtlinge. Was kann die Stadt selbst tun?

Sören Link: Die Stadtgesellschaft leistet viel. Dafür erst einmal ein Danke an die Wohlfahrtsverbände, Vereine, Kirchen und tausende Ehrenamtler. Darauf bin ich stolz. Gleichzeitig bleibt es aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die zu 100 Prozent vom Bund finanziert werden muss. Ich will mir überhaupt keinen schlanken Fuß machen. Wir müssen unseren Beitrag leisten, aber den leisten wir, indem wir Kindergartenplätze oder Schulen zur Verfügung stellen. Das was dahinter steckt, muss der Bund finanzieren.

Die Stadt muss Personal einsparen. Welche Bereiche sind betroffen?

Sören Link: Wir haben seit 2012 deutlich Personalkosten abgebaut als Teil des Haushaltssicherungskonzepts. Das Problem ist, dass viele neue Aufgaben auf uns eingeprasselt sind. Stichwort: Asyl. Deshalb haben wir – obwohl wir Personal abgebaut haben – Personalkosten aufgebaut. Wir müssen nun 7,6 Millionen Euro über das bisher geplante hinaus einsparen. Wir werden in 2017 keine Mitarbeiter befördern. Das fällt mir schwer. Wir werden nur noch jede dritte Stelle extern besetzen können. Das ist schwierig, weil wir die Fachkräfte brauchen. Das gleiche gilt auch für die befristet Beschäftigten, die ihren Job gut gemacht haben, die wir aber aus monetären Gründen nicht weiter beschäftigen können.

Viele Großbauprojekte sind angestoßen worden: Wedau, Marientor, Innenhafen, vieles in der Innenstadt. Wo ist Ihre Handschrift in den Stadtteilen?

Sören Link: Wir müssen die Innenstadt nach vorne bringen, hier kommen Menschen zum Einkaufen hin, hier findet das Investorenleben statt. Die Leute leben aber nicht alle in der Innenstadt. Natürlich muss es vor Ort weitergehen. Und geht es auch. In den Bezirken werden Straßen saniert, wir investieren in Fahrradwege. In Hochheide verschwinden die Weißen Riesen, ein Ärztehaus und ein Einkaufszentrum werden gebaut. In Röttgersbach ist ein Wohnbaugebiet entstanden. Im Süden wird der Angerbogen entwickelt, es entstehen Neubaugebiete. In Walsum wird auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik Logport 6 entwickelt. Wir planen dazu eine Umgehungsstraße, damit der Verkehr aus Walsum rausgezogen wird.

Befürchten Sie eine Debatte um das Design-Outlet-Center und die Innenstadt?

Sören Link: Wir dürfen um die ganze Debatte DOC, Krieger-Gelände und Hauptbahnhof nicht die Innenstadt vergessen. Das werden wir auch nicht tun. Wir haben in den letzten Jahren viel in der City entwickelt. Das Stadtfenster, die Altstadt ums Steigerschwanentor, am Marientor – das sind die richtigen Impulse, die wir brauchen. Die Frage ist nicht: Innenstadt oder DOC. Sondern, wie können wir beides miteinander in Einklang bringen. Da wird es Veränderungen geben, aber die wird es auch ohne DOC geben, weil sich in der Altstadt nie wieder der Einzelhandel so entwickeln wird, wie er mal war. Unsere Aufgabe ist es, mit den Geschäftsleuten und Inhabern dort etwas Neues zu entwickeln.

Was wurde 2016 nicht umgesetzt?

Sören Link: Ich bin ja nicht nur Oberbürgermeister, ich bin ja auch Bürger dieser Stadt. Was ich überhaupt nicht zu Beginn des Jahres auf der Agenda hatte, war, dass der MSV absteigen wird, weil in der Mannschaft mehr steckte. Der MSV gehört nicht in die dritte Liga.

Bleibt Duisburg Revierstadt oder wendet sie sich der Rheinschiene zu?

Sören Link: Dazu ein herzhaftes sowohl als auch. Wir sind natürlich Revierstadt, so begreifen wir uns auch, aber wir sind genauso Rheinland und Niederrhein. In unserer Brust schlagen drei Herzen: Wir haben den klassischen Ruhrgebietler unter uns, den klassischen Niederrheiner und Rheinländer. Und das ist schön.

Wenn Sie als OB keine Geldsorgen hätten, was würden Sie machen?

Sören Link: Als Allererstes würde ich mehr Personal einstellen. Dann würde ich dafür sorgen, dass die öffentliche Infrastruktur in Schuss gesetzt wird: Wir haben zu viele Straßen, die in einem erbärmlichen Zustand sind. Ich würde die Radwege ausbauen. Wir wollen ja mehr Leute in den ÖPNV, aber auch aufs Fahrrad kriegen. Ich hätte gerne mehr Geld für ein besseres Bus und Bahn-Angebot. Die DVG macht einen ziemlich guten Job. Aber jeder, der Bus und Bahn fährt, weiß, dass es oft hakt und Bahnen ausfallen, weil sie sanierungsbedürftig sind.

Was war für sie persönlich das schönste Erlebnis 2016, was wünschen Sie sich für 2017?

Sören Link: Privat war meine Hochzeit das schönste Erlebnis. Ich wäre sehr dankbar, wenn es für die Menschen, die ich kenne, ein gesundes Jahr 2017 wird.

Das Gespräch führten Rosali Kurtzbach und Oliver Schmeer.