Duisburg. . Ex-Bundespräsident Christian Wulff hat die Mercator-Professur der NRW School of Governance übernommen. Jetzt hielt er seine Vorlesung.
- Ex-Bundespräsident Christian Wulff ist Mercator-Gastprofessor an der NRW School of Governance
- Am Montagabend hielt er seine öffentliche Vorlesung auf dem Duisburger Campus
- Der 57-Jährige rief die Studierenden auf, sich für Freiheit und Pluralismus zu engagieren
„Demokratie ist nicht selbstverständlich. Sie klingelt nicht, wenn sie geht“, warnte Christian Wulff am Montagabend in der Universität Duisburg-Essen. Der Ex-Bundespräsident nutzte die öffentliche Vorlesung seiner Mercator-Professur zu einem eindringlichen Appell an die Studierenden, sich für Freiheit und Pluralismus einzusetzen. Damit Zuwanderung Akzeptanz finde in der Bevölkerung, brauche Deutschland „klare Regeln die für alle gelten“, sagte Wulff, dessen Thema „Kulturelle Vielfalt als Herausforderung für die Demokratie“ war. Eine multireligiöse, multiethnische und multikulturelle Gesellschaft sei am ehesten in der Lage, auf die Herausforderungen der Globalisierung zu reagieren, glaubt er.
Keine Garantie
„Wir brauchen einen Weg zwischen Abschottung und falsch verstandenem Gutmenschentum, dann sind alle Probleme lösbar“, so der 57-Jährige vor dem voll besetzten Auditorium im neuen Hörsaalzentrum auf dem Duisburger Campus. Die Master-Studenten der NRW School of Governance haben häufiger das Vergnügen, mit dem erfahrenden Polit-Profi zu diskutieren – im Seminar vermittelt er, was Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte „Gestaltungswissen aus der politischen Praxis“ nennt.
Nur 27 Jahre nach der Deutschen Einheit gebe es „keine Garantie, dass es 150 Jahre so weitergeht und dass unsere Demokratie liberal bleibt“, warnte Christian Wulff mit Blick auf die Erfolge von Demagogen und Populisten an den Wahlurnen, auf wachsenden Nationalismus und Protektionismus in Europa.
Parolen verbreiten sich im Netz
Die wachsende Ungleichheit in vielen Ländern, nicht aufgearbeitete Fragen der Banken- und Euro-Krise, die von den etablierten Parteien unterschätzte Angst der Bürger vor den Folgen der Globalisierung nannte Wulff als Triebfedern. „Die Verlierer dieser Entwicklung sind Nährboden für Ressentiments und Nationalismus. Die Herkunft scheint zur Basis für den Schutz gegen das Unüberschaubare zu werden.“ Die Parolen blieben allerdings nicht mehr wie früher am Stammtisch: „Sie verbreiten sich in Windeseile über das Netz.“
Die Zuwanderung erfordere eine „dritte deutsche Einheit“, formulierte der Ex-Bundespräsident. Dabei spielten Muslime längst eine wichtige Rolle in der deutschen Gesellschaft als Sportler, Richter, Polizisten, Unternehmer. Der umstrittener Satz: „Auch der Islam gehört zu Deutschland“ in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit sei deshalb eine Beschreibung der Realität. Die „christlich-abendländische Tradition“ sei zur Abgrenzung wenig hilfreich. Wulff: „Sie hat uns weder vor der Hexenjagd, noch vor der Shoah bewahrt.“ Er empfiehlt deshalb, sich für eine vielfältige Gesellschaft am kanadischen Vorbild zu orientieren.
Klar müsse dabei sein: „Das Grundgesetz gilt für und gegen alle. Man muss die Bevölkerung mitnehmen, sonst bröckelt die Akzeptanz für Einwanderungspolitik.“ Deshalb müssten die Menschen wissen, wer bleiben darf und wer nicht. Außerdem: „Wer auf Dauer hier leben will, muss die Sprache lernen. Alles andere grenzt aus.“
>>Promis sind Aushängeschilder der Universität
Regelmäßig gelingt es der NRW-School of Governance, prominente Namen zu gewinnen für die von der Mercator-Stiftung geförderte Gastprofessur. Dazu zählen etwa Wolfgang Clement, Jutta Limbach und Peer Steinbrück.
„Diese Persönlichkeiten spiegeln die Bedeutung der NRW-School of Governance wieder“, lobte UDE-Prorektor Prof. Dr. Thomas Spitzeley am Montag die Einrichtung als „eines der Aushängeschilder der Universität“.