Duisburg. . Wo einst Zöllner die Einnahmen des Staates sicherten, brutzeln nun Pommes und Hamburger. Der Duisburger Freihafen und seine kurze Geschichte.
Kein Teil des Hafens spiegelt die Wechselfälle des Duisburger Strukturwandels so wie der Nordhafen in Ruhrort. In Stahlkrisenzeiten erdacht wurde der dortige Freihafen für einige Jahre zum Hoffnungsträger, um dann durch politische Entwicklungen wieder seine ursprüngliche Funktion einzubüßen. Wo für einige Zeit strenge Zöllner die Einnahmen des Staates sicherten, brutzeln nun Pommes, Currywurst und Hamburger. So kann’s gehen.
Am Anfang stand die Stahlkrise der späten 80er Jahre. Krupp-Chef Gerhard Cromme kündigte Ende 1987 an, das Hüttenwerk in Rheinhausen stillzulegen. Ein Aufschrei ging durch den Stadtteil, durch die Stadt, durchs ganze Land. Ein legendärer Arbeitskampf begann mit dem Ziel, mehr als 5000 Arbeitsplätze zu erhalten, Rheinhausen am Leben zu halten. Gewonnen wurde der Arbeitskampf zwar nicht, gewonnen wurde aber Zeit. Und was an der Ruhr in diesen Tagen geschah, war auch am Rhein nicht zu übersehen und zu überhören: Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) lud schließlich Anfang 1988 zu einer „Ruhrgebietskonferenz“ ins Bonner Kanzleramt. Ein Ergebnis: Duisburg sollte einen Freihafen erhalten.
Hoher Zaun um das Freihafen-Gebäude
„Der größte Vorteil eines solchen Freihafens“, schreibt Heiner Paesch in seiner Hafen-Historie für die Duisport-Mitarbeiterzeitschrift, „war die Bestimmung, dass bei der Einfuhr von Waren Zölle und Abgaben erst dann anfielen, wenn die Ware den Freihafen wieder verließ und für das Inland bestimmt war. Ging die Ware in Drittländer, wurde sie so behandelt, als habe sie deutsches Hoheitsgebiet und damit Zollgebiet nie gesehen.“ Bei zunehmendem Verkehr mit flussgängigen Seeschiffen war so eine Einrichtung, die es sonst nur in den Seehäfen gab, sinnvoll.
Also wurde um die neuen Freihafen-Gebäude ein hoher Zaun gezogen – und auch entlang des Nordhafenbeckens. Und mitten in die Zufahrt zum zollfreien Areal wurde ein Zollhaus gesetzt. In den Freihafen hinein oder wieder hinaus ging es fortan nur noch unter den wachsamen Augen der Zöllner.
Doch dann kam wenige Jahre später, genauer im Jahr 1993, der Europäische Binnenmarkt, der aus den Ländern der Europäischen Gemeinschaft quasi Inland machte. Die Notwendigkeit, Zölle zu erheben, war in erheblichem Umfang gemindert, der Zoll konnte schließlich guten Gewissens am Freihafen die Zollhaustüren hinter sich abschließen.
Dass sie jetzt wieder offen sind, ist vor allem Frank Schwarz zu verdanken, dem umtriebigen Duisburger Gastronom und Caterer. Im Jahr 2008 eröffnete er nach massiven Investitionen in die erforderliche Küchentechnik das „Zollhaus“ mit einer Speisekarte unter dem Motto „Currywurst, Burger und Schnitzel einmal anders“. Die Kundschaft ist bunt gemischt: Anzug neben Arbeitsoverall, an der Kasse ist man mehrsprachig, mittags ist der Laden regelmäßig richtig voll. „Wir sind die größte Betriebskantine des Hafens“, lacht Schwarz, und eine „Bereicherung des Hafens“. Morgens geht’s los mit einem Frühstücksangebot, und am Abend wird das „Zollhaus“ gerne für Hochzeiten und Geburtstagsfeiern genutzt. Ein Vorteil: Die nächsten Nachbarn sind weit weg.
Weit weg ist inzwischen auch der Hafen, zumindest das nächste Hafenbecken. Denn der Nordhafen wurde in den vergangenen Jahren verfüllt, wie an anderen Stellen zuvor auch schon setzt der Hafen auf Landgewinnung, weil die moderne Binnenschifffahrt mit deutlich weniger Wasserfläche auskommt als in Zeiten kleinerer Schiffe und großer Schleppverbände.