Die Referendarin Tina Poloczek rief einen Wettbewerb ins Leben, um ihre Schüler für Bücher zu begeistern.Und das mit Erfolg: Die Fünftklässler der Gesamtschule Ruhrort arbeiteten sich in 53 Tagen durch 5105 Seiten

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Wie schafft man es, Kinder zum Lesen zu bewegen? Diese Frage beschäftigt Tina Poloczek schon eine ganze Weile. "Viele meiner Schüler hatten einfach keine Lust, ein Buch in die Hand zu nehmen", stellte die Referendarin an der Ruhrorter Gesamtschule fest. Ein Wettbewerb muss her, dachte sich die 28-Jährige und ließ sich für die Klasse 5a etwas Besonders einfallen.

"In 53 Tagen haben die Kinder 5105 Seiten gelesen", berichtet sie stolz. Die Teilnahme an dem Lesewettbewerb war freiwillig und fand außerhalb des Unterrichts statt. "Von den 28 Schülern haben bis auf zwei alle teilgenommen."

Das Prinzip dabei war ganz einfach: Wer die meisten Seiten las, bekam auch die meisten Punkte. Fünf Seiten entsprachen einem Punkt. Doch sollten die Fünftklässler nicht für sich lesen, vorlesen war angesagt. Zunächst gab es eine Einführung im Deutschunterricht. Dazu bekam jedes Kind ein Starterpaket in die Hand. Darin enthalten war ein Anstecker mit der Aufschrift "Lesen lernen durch lesen üben" und ein Quittungsblock.

Denn schummeln galt nicht: "Jede gelesene Seite wurde gegengezeichnet - und zwar von einem Erwachsenen", erklärt Tina Poloczek, die eigens Lese-Quittungen entwarf.

Die Bücher durften sich die Schüler selbst aussuchen. "Pippi Langstrumpf", "Emil und die Detektive", "TKKG" oder "Harry Potter" - die Bandbreite war groß. Auch hier leistete Tina Poloczek Starthilfe, indem sie eine Auswahl bereitstelllte. "Manche Kinder haben zuhause gar keinen Zugang zu Büchern."

Mit den Ergebnissen ihres Projekts ist die zukünftige Deutschlehrerin sehr zufrieden. "Die Kinder haben sich gegenseitig angesteckt", freut sie sich. Am Ende jeder Woche wurden die Punkte verteilt, die Zwischenstände hingen im Klassenraum aus. Besonders in den Ferien hätten die Schüler viel gelesen, hat Tina Poloczek beobachtet. Ein zusätzlicher Ansporn: "Sie mussten vorher schätzen, wieviele Quittungsblöcke sie brauchen." Klar, dass niemand zum Schulbeginn leere Zettel übrig haben wollte.

"Vorher war ich oft zu faul zu lesen und hab' lieber ferngesehen", gibt die 13-jährige Eda zu. "Jetzt lese ich sogar im Bus." Auch ihre Freundinnen Aylin und Joana hatten Spaß an dem Wettbewerb. Fleißig lasen sie ihren Eltern, Geschwistern und Freunden vor. "Ich hätte zwar gern gewonnen", erzählt Joana, "aber mit dem achten Platz bin ich auch zufrieden."

Und was sagen die Eltern? Sie waren begeistert von dem Projekt, wie die angehende Lehrerin aus vielen Gesprächen erfuhr. "Eine Mutter hat ihrem Sohn jetzt erst altersgerechte Bücher gekauft, eine andere möchte das Punktesystem zuhause weiterführen."

Nicht nur die Kinder, auch Tina Poloczek profitierte von der Idee. Sie machte den Lesewettbewerb zum Thema ihrer Abschlussarbeit.