Die neue Konzertorgel in der Mercatorhalle wird am Samstag eingeweiht. So gibt es keine zweite in Deutschland.
Spätestens beim Schlussakkord ist die Gänsehaut garantiert: Auch deswegen spielen Iveta Apkalna und die Philharmoniker unter der Leitung von Jonathan Darlington am Samstag die 1. Sinfonie für Orgel und Orchester von Felix Alexandre Guilmant. Wie die Starorganistin aus Lettland am Freitag sagte, habe sie sich für dieses Werk zur Einweihung der Orgel in der Philharmonie Mercatorhalle eingesetzt, weil es so feierlich ist – und bei einem so ungewöhnlichen Anlass auch emotional alle Register gezogen werden sollten. „Eine Orgel in einem Konzertsaal einzuweihen, passiert im Leben eines Organisten nur ein Mal”, so Apkalna, die „absolut sicher” ist, „dass es ein schöner, aufregender Moment für das Publikum, die Organistin und das Instrument wird”. Und der Klang werde alle überraschen.
Zehn Minuten vor Probenbeginn am Freitag herrschte kurz Ratlosigkeit. „Die Orgel spielt gerade nicht”, so Gerhard Adler. „Ein elektronisches Problem mit den Buchsen”, das aber schnell gelöst war. Adler ist einer von vier Intonateuren der Bautzener Orgelbaufirma Eule, die seit 20. Juli in Duisburg im Einsatz waren. „Intonateure stellen den Pfeifenklang auf den Raum und die Bedingungen des Instruments ein.” Das bedeutet: Ein Intonateur sitzt im Saal, ein zweiter klettert durch das Instrument und arbeitet die Pfeifen nach. „Vor allem muss ich wissen, was ich erreichen will”, so Michael Friedel, der sich im Gerüst-Labyrinth hinter dem Prospekt bestens zurecht findet. „Wenn der Kollege unten im Saal sagt: Klang heller, dann sehe ich an der Pfeife, warum der Klang zu dunkel ist.” Der Intonateur sorgt für mehr oder weniger Wind, schneidet ab, feilt.
Wie gelungen das 16 Tonnen schwere Instrument mit seinen 4400 Pfeifen ist, konnte man bei den Proben hören. Diese absolute Klarheit des Klangs ist es auch, die Marcus Strümpe, Salvator-Organist und Mitglied der Orgelkommission, begeistert. Er ist erleichtert und stolz, dass die Kommission, der er mit Peter Bartetzky und Roland Maria Stangier angehört hat, die Entscheidung zugunsten einer Konzertorgel im englisch-spätromantischen Stil getroffen hat wie es keine zweite in Deutschland gibt. „Sonst hätten wir nicht die enorme Neugier erregt.” Auch Intendant Dr. Alfred Wendel schwärmt von „Klarheit und Wucht in der Tiefe” – und von der „erstklassigen Orgelkommission, die Gott sei Dank nach England geschaut hat”. Er berichtet, dass „viele Organisten aus aller Herren Länder” beim Einweihungskonzert dabei sind.
Ein alter Brauch
Dabei wird auch symbolisch an einen alten Brauch erinnert, der als Inschrift aus dem Jahr 1515 auf der Orgel in der Salvatorkirche nachzulesen ist: Früher erhielten die Orgelbauer zum Abschluss der Arbeiten neben dem Honorar auch so viel Liter Wein, wie in die größte Pfeife gepasst hätten.
„Mindestens einmal pro Saison wird es bei den Philharmonischen Konzerten ein Orgelprogramm geben”, verspricht Wendel. Wie beim Abschlusskonzert dieser Saison im Juni. Am 30. Januar beginnt die Orgelserie „Toccata” mit insgesamt fünf Terminen pro Jahr. Bei den ersten drei Terminen ist der Eintritt frei. „Die Orgel ist nicht für einen elitären Kreis, sondern für alle”, so Strümpe.
Sowohl das Einweihungskonzert am Samstag als auch die Philharmonischen Konzerte am 18. und 19. November, bei denen die Orgel im Mittelpunkt steht, sind ausverkauft. „Orgel für alle!” heißt es am Sonntag, 15. November, von 11 bis 18 Uhr in der Philharmonie Mercatorhalle. Mitglieder der Orgelkommission und Gäste stellen die Orgel in allen Facetten vor.
11 Uhr: Vielfalt der Klangfarben; 12 Uhr: Französisches mit Pauken und Trompeten; 13 Uhr: Der Orgelbauer erzählt; 14 Uhr: Englische Orgelmusik des 19. und 20. Jahrhunderts; 15 Uhr: Organ unlimeted - Transkriptionen von Mozart bis Adriano Celentano; 16 Uhr: Orgel für Kinder – der Tiere”, 17 Uhr: Orgel konzertant. Eintritt frei, Einlass jeweils 15 Minuten vor Beginn.
„Ich spüre: Jetzt ist der Konzertsaal komplett. Wir haben sehr viel Glück gehabt”, strahlt Jonathan Darlington.