Vom Duisburger Hauptbahnhof traten 130 Kinder ihre letzte Reise an. Viel Überzeugungsarbeit war nötig, bis die Deutsche Bahn AG der "rollenden Ausstellung" zustimmte

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© A.Mangen / waz

Seit November vergangenen Jahres fährt der "Zug der Erinnerung" durch Deutschland, sucht nach Spuren zehntausender von den Nationalsozialisten verschleppter Kinder und ehrt die vergessenen Opfer des NS-Systems: Kinder und Jugendliche, die mit der "Deutschen Reichsbahn" in die Vernichtungslager transportiert wurden. Schätzungen sprechen von über einer Million. Es waren Kinder und Jugendliche aus fast sämtlichen europäischen Staaten. Nur wenige kehrten zurück.

Am 28. Oktober 1938 führten die Nazis ihre erste Massendeportation an sogenannten Ostjuden durch, in Duisburg waren davon etwa 140 Juden betroffen, unter ihnen auch einige Kinder. Der erste Transport vom Duisburger Hauptbahnhof, der direkt in den Tod führte, startete am 27. Oktober 1941. Ziel war das Ghetto Lodz, eine Industriestadt etwa so groß wir Duisburg, die die Nazis in "Litzmann-Stadt" umbenannt hatten. Weitere Züge in die Vernichtungslager folgten. Der letzte Deportations-Zug verließ Duisburg am 25. Februar 1945 mit Ziel Theresienstadt. Unter den deportierten Menschen waren nachweislich mindestens 130 Kinder und Jugendliche aus Duisburg, die ihre letzte Reise vom Hauptbahnhof aus antraten.

Unter den Verschleppten waren, um zwei Namen stellvertretend zu nennen: Chana Bloch, am 10. Dezember 1941 deportiert nach Riga, drei Tage nach ihrem dritten Geburtstag und dort "verschollen", wie es im Amtsdeutsch heißt. Josefine Heisener, geboren am 3. Oktober 1941, deportiert am 15. Juli 1942 nach Auschwitz, zum Stichtag 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Der "Zug der Erinnerung", der an diese Schicksale erinnern will, macht am 19. Februar Station in Duisburg, wo er bis zum 21. Februar bleiben wird. Zwei Ausstellungswagen informieren über das damalige Geschehen und regen an, sich mit den Hintergründen der Kinder aus der Duisburger Region auseinander zu setzen.

Oberbürgermeister Sauerland hat die Schirmherrschaft für den "Zug der Erinnerung" in Duisburg übernommen. Die Eröffnungsveranstaltung findet am Dienstag, 19. Februar, um 13.30 Uhr auf dem Bahnsteig, direkt am Zug statt. Sprechen werden der DGB Regionsvorsitzende Rainer Bischoff und Bürgermeisterin Doris Janicki. Der Historiker PD Dr. Ludger Heid wird einen historischen Einführungsvortrag halten.

An dem monströsen Verbrechen des Holocaust waren viele Tausend beteiligt und es war ein arbeitsteiliges Mordprojekt. An vorderster Front dieses Großverbrechens stand die Deutsche Reichsbahn, und diese hatte einen Namen - Spediteur war Dr. Albert Ganzenmüller, Staatssekretär im Reichsverkehrsministerium von 1942 bis 1945, Technokrat des Todes. Nach dem Krieg entkam Ganzenmüller nach Argentinien, wo er alsbald wieder in seinem alten Metier tätig war: als beratender Ingenieur bei der argentinischen Staatsbahn. Dann kehrte er in die Bundesrepublik zurück, setzte seine berufliche Karriere zunächst fort.

Vermutlich wäre Ganzenmüller davon gekommen, hätten nicht drei Männer mit einem feinen Gespür für Gerechtigkeit auf ein Verfahren gedrängt. 1973 wurde der Prozess gegen Ganzenmüller in Düsseldorf eröffnet.

Die Deutsche Bahn AG verweigerte trotz nationaler und internationaler Proteste lange das Gedenken an die deportierten Kinder auf deutschen Bahnhöfen. Es bedurfte viel Überzeugungsarbeit, damit die Deutsche Bahn AG die Ausstellung zuließ.