Polizei vermutet hohe Dunkelziffer bei Fällen von Schutzgelderpressung. Opfer kommen allein aus dem Kreis nicht mehr heraus. Hilfe ist möglich

0014456408-0050430292.JPG
© WAZ

SCHIESSEREI AM HAUPTBAHNHOF UNDURCHSICHTIGE SCHUTZGELDSZENE Staatsanwalt Martin Hein sagte es am Tag nach der Schießerei ganz deutlich: "Man wäre wirklichkeits- und realitätsfremd, wenn man behaupten würde, dass es in Duisburg keine Schutzgeldszene gäbe." Doch bricht diese Szene nur selten aus den Hinterzimmmern der Gaststätten und Geschäften aus - so wie am Samstagmorgen geschehen. "Diese ganze Sache ist wenig greifbar", betont Polizeisprecher Achim Blättermann. "Es gibt ein großes Dunkelfeld und wir wissen nicht, wie stark Schutzgelderpressung in Duisburg ausgeprägt ist. Es gibt auch Fälle, in denen Betroffene zur Polizei kommen und sagen, dass sie erpresst und bedroht werden. Konkrete Informationen wollen sie dann aus Angst aber nicht geben", sagt Blättermann.

Die Furcht vor den Tätern ist oftmals zu groß. Meist sind es Unbekannte, von denen die Erpressung ausgeht. "Die Opfer können uns dann nur die Leute beschreiben. Wenn sie die Kooperation mit uns einstellen, können wir auch nichts mehr machen", erklärt Achim Blättermann. "Dabei sind wir in der Lage, die Fälle so zu bearbeiten, dass den Opfern nichts passiert. Wir treffen Maßnahmen im verdeckten Bereich. Wie wir ermittlungs- und verfahrenstechnisch vorgehen, möchte ich aber nicht sagen." Statistiken zum Auftreten von Schutzgelderpressung gibt es nicht. "Das wird einfach als Erpressung geführt, da machen wir keinen Unterschied", sagt Blättermann.

Nur selten stecken große Banden hinter Fällen von Schutzgelderpressung. "Die Täter sind schon organisiert. Niemand sucht sich einen Kumpel, der stark aussieht, und klappert dann die Kneipen ab. Aber die Gruppen beschränken sich meist auf örtliche Aktivitäten. Vielleicht geht es auch mal in die Nachbarstadt, aber nicht viel weiter weg", berichtet Achim Blättermann. Dabei haben Erpresser und Opfer meist dieselbe Nationalität. "Es gibt Auseinandersetzungen wie bei Glücksspiel oder Drogengeschäften, bei denen Täter verschiedener Nationalitäten versuchen, den Markt an sich zu ziehen. Da treffen sie dann aufeinander", sagt Blättermann. Bei Schutzgelderpressungen ist das nur selten der Fall. Ein Türke kann es einem Türken deutlich machen, was er möchte. Deutsch wird dann nicht gesprochen. So wird verhindert, dass es Zeugen gibt, die mit dem Milieu nichts zu tun haben.

"Ich kann Betroffenen nur raten, sich an die Polizei zu wenden. Wer einmal erpresst wird, der wird wieder und wieder erpresst. Wer einmal zahlt, der wird wieder zahlen müssen. Aus diesem Kreis kommt man allein nicht mehr heraus", sagt Achim Blättermann.