Der Düsseldorfer Fachanwalt für Medizinrecht, Dr. Dirk C. Ciper, vertritt auch zahlreiche Duisburger vor Gericht. Diagnosefehler seien besonders häufig

Der Rechtsanwalt Dr. Dirk C. Ciper hat sich auf Medizinrecht spezialisiert.
Der Rechtsanwalt Dr. Dirk C. Ciper hat sich auf Medizinrecht spezialisiert. © Veranstalter

WAZ-INTERVIEW ZUM THEMA BEHANDLUNGSFEHLER Die Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Ciper & Coll vertritt auch in Duisburg Patienten, die wegen ärztlicher Behandlungsfehler vor Gericht ziehen. Der Fachanwalt für Medizinrecht, Dr. Dirk C. Ciper, berichtet im Gespräch mit WAZ-Redakteurin Andrea Micke über seine Erfahrungen auf diesem Gebiet des Rechts.

Was versteht man unter einem "ärztlichen Kunstfehler?

Dr. Ciper: Unter dem Begriff "ärztlicher Kunstfehler" sind insbesondere Diagnose-, Therapie- und Organsiationsfehler sowie Überwachungsverschulden und mangelnde Aufklärung zu verstehen. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Standard guter ärztlicher Behandlung unterschritten wird.

Wie groß ist die Anzahl der gegen Ärzte gerichteten Haftpflichtansprüche und was muss an Schadensersatz gezahlt werden?

Dr. Ciper: Die Anzahl der gegen Ärzte gerichteten Haftpflichtansprüche beträgt heute mehr als 100 000. Die Berufshaftpflichtversicherer mussten 2005 weit über 400 Mio Euro Schadensersatz zahlen.

Wie viele Duisburger wenden sich im Schnitt jährlich an Ihre Kanzlei?

Dr. Ciper: Es wendet sich ein gutes Dutzend Duisburger jährlich mit dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers an unsere Sozietät.

Wie viele Patienten vertreten Sie, die in Duisburg behandelt wurden?

Dr. Ciper: Wir vertreten mehrere dutzend Patienten gegen Krankenhäuser bzw. Arztpraxen in Duisburg und Umgebung.

Können Sie Beispiele nennen von Behandlungsfehlern in Duisburger Krankenhäusern?

Dr. Ciper: Eine Patientin wurde mit Schlaganfallsymptomen in ein Krankenhaus eingewiesen und blieb dort über fünf bis sechs Stunden unbehandelt, so dass jede weitere Therapie nicht mehr erfolgreich sein konnte. Oder wir vertreten einen Mandanten, der aufgrund eines Diagnosefehlers nun unter einer doppelten Querschnittslähmung leidet.

Gibt es Fehler, die besonders häufig auftauchen bzw. Krankenhäuser, die besonders oft auffallen?

Dr. Ciper: Diagnosefehler sind besonders häufig. In vielen Mandaten auch der Vorwurf einer nicht vorgenommenenen oder nicht ausreichenden Risikoaufklärung. Es lassen sich keine Krankenhäuser nennen, die besonders oft auffallen. Haftungsträchtig sind insbesondere Chirurgie und Onkologie, während Allgemeinarztpraxen weniger häufig mit Behandlungsfehlervorwürfen konfroniert sind.

Gibt es spektakuläre Fälle?

Dr. Ciper: Die Untätigkeit bei der Patientin mit Schlaganfallsymptomatik halte ich für spektakulär. Das Verfahren vor dem Landgericht Duisburg haben wir erfolgreich bestritten. Das Krankenhaus ist anschließend in Berufung zum OLG Düsseldorf gegangen und konnte mit einem anderen Gerichtsgutachter zu einer Klageabweisung kommen. Aktuell gehen wird daher nunmehr vor dem Landgericht Duisburg in einem Regressverfahren gegen den gerichtlich bestellten Gutachter vor, auf dessen Gutachten hin die Klage vor dem OLG Düsseldorf abgewiesen wurde. Zwar ist das Ausmaß der Schädigung der Mandantin glücklicherweise nicht so spektakulär wie in dem Fall mit der Klemme (die WAZ berichtete). Aber wir können es nach wie vor nicht nachvollziehen, weshalb die Klage abgewiesen wurde. Da doch immer wieder auch in den Medien darauf hingewiesen wird, bei einer derartigen Symptomatik unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil Minuten zählen.

Wie weisen Sie Ärzten Behandlungsfehler nach?

Dr. Ciper: Mittels eines fachmedizinischen Sachverständigengutachters.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Dr. Ciper: Die Erfolgsaussichten eines Patienten hängen ganz entscheidend von der fachmedizinischen Bewertung des Behandlungsgeschehens ab. Wird der allgemeine Sorgfaltsmaßstab in der Medizin unterschritten und dieses gutachterlich konstatiert, sind die Erfolgsaussichten gut. Außerdem muss der Behandlungsfehler Ursache für die Gesundheitsschädigung sein, was der Patient nachzuweisen hat.

Warum haben Sie für sich das Fachgebiet des Medizinrechts gewählt?

Dr. Ciper: Ich halte das Fachgebiet Medizinrecht für ein für mich persönlich interessanteres Rechtsgebiet als beispielweise Verkehrs-, Miet- oder Familienrecht. Der medizinische Kenntnisstand verdoppelt sich alle fünf Jahre. Wir werden in Zukunft mit Thematiken befasst werden, die derzeit nicht ansatzweise absehbar sind, insbesondere was die genetische Stammzellenforschung und das "Cloning" angeht. Ich bin gerade dabei einen etwa 50 Seiten langen Aufsatz zu diesem Thema zu verfassen, der im Sommer veröffentlicht werden wird.