Duisburg. Polizeipräsident Rolf Cebin hat sich am Dienstagnachmittag für das Entfernen von zwei israelischen Fahnen bei der Demonstration am vergangenen Samstag in Duisburg entschuldigt. "Ich bedaure zutiefst, dass Gefühle - insbesondere jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger - verletzt wurden."

Das Entfernen der Fahnen sei aus heutiger Sicht die falsche Entscheidung gewesen. Die Situation war sehr aufgeheizt und die Beamten wollten Schaden von den Beteiligten, auch den Wohnungsinhabern, abwenden. Sie haben in bester Absicht in einer brenzligen Situation unter erheblichem Zeitdruck gehandelt, um aus ihrer Sicht eine Eskalation zu vermeiden.

"Nach allem, was ich heute weiß, hätte ich die Situation anders gelöst, um eine Eskalation zu vermeiden. Die öffentliche Empörung verstehe ich. Als Polizeipräsident übernehme ich die Verantwortung für den Einsatz. Wir werden ihn intensiv nachbereiten." Noch am Montag hatte der Polizeipräsident das Vorgehen der Polizeiführung verteidigt.

Kritik von der Polizeigewerkschaft

Vor dem Hintergrund der Geschehnisse während der antiisraelischen Demonstration am Samstaghatte der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, am Morgen Konsequenzen verlangt: „Es muss in Deutschland Tag und Nacht möglich sein, eine israelische Fahne zu zeigen.” Das Vorgehen der Polizeiführung habe nichts mit Deeskalation zu tun, sondern sei ein Zeichen der Unfähigkeit. „Das bestätigt mich in meiner Auffassung, dass der Duisburger Polizeipräsident der schlechteste in ganz Deutschland ist.” Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), der Duisburger Rainer Wendt, fordert in einem Gespräch mit der WAZ den Innenminister des Landes auf, Polizeipräsident Rolf Cebin in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken.

Wendt bezeichnete es weiterhin als „unerträglich, dass die Polizei nicht einschreitet, wenn Vermummte mit einem grünen Stirnband andere Menschen bedrohen.”

"Wir hätten schon erwartet, dass die Polizei die Fahne eines befreundeten Staates vor dem Mob schützt"

Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) reagiert mit Unverständnis darauf, dass die Polizei die Fahnen von Fenster und Balkon entfernen ließ und nichts gegen die offensichtlich gewaltbereiten Demonstrationsteilnehmer unternahm. In einer Stellungnahmen sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Duisburg-Mülheim-Oberhausen, Günter Reichwein: „Zweifellos wäre es die Aufgabe der Veranstalter wie der Polizei gewesen, dieses rechtswidrige Treiben zu beenden.”

Von der Veranstalterseite her (Milli Görüs ist auch nach Einschätzung des Innenministeriums eine antisemitische Organisation und wird vom Verfassungsschutz beobachtet) sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Ordner gegen diese Gruppe vorgehen würden. „Von der Polizei hätte die DIG jedoch schon erwartet, dass sie die Fahne eines befreundeten Staates, zumal Israels, vor dem Mob schützt und die öffentliche Sicherheit gewährleistet, indem sie einen gewaltsamen Übergriff auf eine Privatwohnung unterbindet.”

"Zeigen einer Flagge gehört zur Meinungsfreiheit"

Günter Reichwein wirft ferner die Frage auf, ob Großveranstaltungen von Milli Görüs überhaupt genehmigt werden können, wenn die Polizei nicht in der Lage sei, strafbare Handlungen aus der „sogenannten ,Friedensdemonstration'” heraus zu verhindern.

Von der Politik fordert die Deutsch-Israelische Gesellschaft, zu den Geschehnissen von Samstag Stellung zu beziehen.

Volker Mosblech, stellv. Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes: „Die Polizei hätte gegen die Randalierer vorgehen müssen. Der Rechtsstaat darf vor der Gewalt nicht zurückweichen. Das Werfen von Gegenständen war eine kriminelle Aktion.” Das Entfernen der Flagge bezeichnete der CDU-Politiker als „ungeschickte Sache”. Mosblech weiter: „Das Zeigen einer Flagge gehört zur Meinungsfreiheit.”

Auf Initiative von Sören Link (MdL aus Duisburg) hat die SPD im Düsseldorfer Landtag für Donnerstag eine Aktuelle Viertelstunde im Innenausschuss beantragt. Link: „Es ist inakzeptabel, dass gewalttätige Demonstranten das Grundrecht der Versammlungsfreiheit faktisch ,missbrauchen' und die Polizei in Duisburg durch aggressives Verhalten förmlich nötigen, gegen Bürger mit einer abweichenden Meinung vorzugehen.”

Die SPD will unter anderem wissen, ob das Gewaltpotenzial der Demonstration möglicherweise unterschätzt worden ist.

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