Neudorf. . Fehlender Nachwuchs besiegelt das Ende des Neudorfer Männerchores. Der älteste Verein im Duisburger Stadtteil trat im Kölner Dom und im Reichstag auf.

125 Jahre lang sangen Neudorfer Herren in einstudierten Tenor- und Bass-Stimmlagen Kompositionen wie „Der Musensohn“ von Schubert oder das „Wanderlied“ von Schumann – die Tradition der Töne ist vorbei.

Der Neudorfer Männerchor, der 1973 aus einem Zusammenschluss der lokalen Chöre „Philomele“ und „Harmonie“ gegründet wurde war der älteste Verein im Stadtteil, weil das Gründungsjahr 1890 des „Philomele“-Vereins zählt.

Das letzte Lied ertönte bereits am Tag der deutschen Einheit vergangenen Jahres in der St.-Anna-Kirche vor gut 300 treuen Wegbegleitern der singenden Herren. Dass die Ära des Gesangsvereins nun endgültig endet, zeichnete sich schon früh ab.

Ein Ständchen im Reichstag

„Wir hatten einfach sehr lange Nachwuchsprobleme. Unsere Söhne ließen sich auch nicht überreden mitzumachen“, schildert Folt Aikes, bis zuletzt Vize-Chorleiter, die Problematik und die Gründe der Auflösung. „Der Chor hat es nicht geschafft junge Menschen zu begeistern“, stellt er wehmütig fest. Aikes, geboren auf der Insel Borkum, war 55 Jahre in dem Gesangsverein und hat unzählige Konzerte und Reisen mit den anderen Mitgliedern miterlebt. Er ist auch der Namensgeber des Vereins und fühlt sich dem Chor noch sehr verbunden, schließlich sei er ein großer Teil seines Lebens gewesen. „Wir waren 1973 noch rund 60 Männer, die gesungen haben. Anfangs im Auditorium vor bis zu 1700 Besuchern, die letzten sieben Jahre in der St.-Anna-Kirche, in der höchstes 300 bis 400 Platz haben“, erinnert sich Aikes.

Der Neudorfer Chor trat unter anderem im Kölner oder Berliner Dom auf. Der Höhepunkt war für Aikes allerdings ein Konzert im Plenarsaal des Reichstages. „Man fragte uns, wie lange ein Lied dauern würde. Drei Minuten antwortete ich und schon standen wir unter der Kuppel und gaben ,Am kühlenden Morgen’ zum Besten“, erzählt der langjährige Vize-Chorleiter stolz.

Hinzu kamen zwei jährliche Großkonzerte in Neudorf selbst, meistens am Tag der deutschen Einheit und beim traditionellen Weihnachtskonzert. Gerhard Queens, seit 1978 Chorleiter und letzter Vorsitzender des Männerchores, bedauert die Entscheidung der Auflösung: „Irgendwann geht es nicht mehr. Wir müssen einfach die Fakten akzeptieren. Ein Gesangsverein ohne Gesang macht keinen Sinn.“ Zum Schluss waren noch 19 aktive Sänger im Verein, das Durchschnittsalter lag bei 73 Jahren. Aufs Singen zu verzichten, kommt für die Herren aber nicht in Frage. „Wir werden weiter singen. Zehn von uns, auch ich, gehen zum Chor ,Frohsinn Wedau’, in dem wir auch etliche Leute kennen und mitsingen können“, blickt Aikes in die Zukunft.

Die Chronologie des Chores geht also an anderer Stelle weiter und Schubert und Schumann werden auch in nächster Zeit noch von den markanten Neudorfer Stimmen zu hören sein.