Duisburg. Beim Kostümverkauf der Deutschen Oper am Rhein gehen Kreative, Karnevalisten und Individualisten auf die Suche nach Outfits. Kleider mit Geschichte.

  • Rund 50000 Kostümteile lagern im Fundus der Deutschen Oper am Rhein
  • Alle zwei, drei Jahre wird ausgemistet – etwa 500 Outfits stehen zum Verkauf
  • 200 Besucher waren nun auf der Suche nach Schnäppchen und individuellen Outfits

Die Produktionsstätten der Deutschen Oper am Rhein (DOR) in Duisburg gleichen am Samstag einem Outlet. Knapp 200 Menschen drängeln sich vor dem Einlass. Dort, wo sonst an der Neuenhofstraße Kulissengezimmert werden, hängen heute reihenweise Kostüme. Alles muss raus: Das opulente Gewand aus dem „Capriccio“ von Richard Strauss, ein aufwändiges Kleid aus der Produktion „Lucio Silla“ – Erstaufführung in Düsseldorf 2007. Rund 500 Bühnenoutfits mustert die Deutsche Oper am Rhein aus. Dazu zahlreiche Schläppchen für fünf Euro, Hüte, Kappen. Schnäppchenjäger, Karnevalisten, Kreative und sogar ein echter Schlossherr begehren Einlass. Er möchte lieber anonym bleiben. Nur so viel: Mit den vier ersteigerten Kostümen will er seine Gemächer ausstaffieren.

Sylvester Heyn aus Düsseldorf sucht Kleidung für die gesamte Familie. Vielleicht will er demnächst mal eine Kostümparty veranstalten.
Sylvester Heyn aus Düsseldorf sucht Kleidung für die gesamte Familie. Vielleicht will er demnächst mal eine Kostümparty veranstalten. © FUNKE Foto Services

Sylvester Heyn sieht in dem kurzen Frack und mit dem Zweispitz auf dem Kopf (samt Federn) aus wie Napoleon. Auf einem Haufen sammelt er sämtliche Schätze, die seiner Familie passen könnten. Fünf Outfits sind es bisher. „Für Karneval sind die eigentlich viel zu schade. Vielleicht holen wir sie nochmal zum Japantag raus oder veranstalten doch ein eigenes Kostümfest.“ Ihm macht es Spaß, sich zu verkleiden. Corinna Lenzen sucht gar Dienstkleidung. Die 27-Jährige arbeitet als Bodypainterin, wird oft für Events gebucht und trägt gerad eine Kopfbedeckung, die ein bisschen an den Kleinen Muck erinnert. „Es gibt hier so viele schöne Sachen, aber eigentlich suche ich etwas, das Richtung Steampunk geht.“ Dann entdeckt sie Sylvester Heyn, macht ihm ein Kompliment zu seinem Aufzug – und steckt ihm eine Visitenkarte zu, falls er mal Unterstützung bei seinem Kostümfest braucht.

Zuschauer sind traditionell

50.000 Kostümteile hängen im Fundus der Oper. Alle zwei, drei Jahre wird ausgemistet. „Die Kleider und Anzüge stammen aus Produktionen, die wir aus dem Programm genommen haben“, erklärt Heide Koch, Leiterin der Marketing-Abteilung. Zu fast jedem Stück hat sie eine Geschichte parat, weiß, wer die Outfits auf der Bühne getragen hat. „Ab und zu ändern wir auch die Inszenierung, auch dann brauchen wir neue Kostüme und die alten werden verkauft“, sagt Pressesprecherin Monika Doll. Nur einige Klassiker wie „Hänsel und Gretel“ sind schon seit mehr als 40 Jahren in der gleichen Inszenierung zu sehen – da sind die Zuschauer traditionell. Die Unikate aus hochwertigen Materialen sind günstig zu haben. Maximal 50 Euro kostet ein Kleid, rund 100 Euro eine Kombination mit Jacke. Gemessen an der Massenware in Kaufhäusern ein Schnäppchen. Schnell lichten sich die Reihen. Die Besucher probieren Pumphosen samt Fellmütze an. Nur allerlei in Sonnengelb und die Stulpen mit Sisalseilen bleiben Ladenhüter. Monika Doll hat Hoffnung, dass sie auch noch etwas Schönes findet. „Bei uns kann man auch im Büro herumlaufen wie man möchte“, sagt sie lächelnd.

Harald Molder, Chef der Duisburger Zeitzeugenbörse, hat sich indes einen etwas alltagstauglicheren schwarzen Mantel ausgesucht. „Der ist super, passt prima, das Material ist toll“, lobt er den Trenchcoat, den man mit einem Klettverschluss am Revers befestigen kann. Sein Stellvertreter bei der Zeitzeugenbörse, André Sommer, sucht sich das gleiche Modell aus, versinkt allerdings in dem Walle-Walle-Stoff. „Sieht gut aus, aber da kannst du noch deinen Bruder mit rein nehmen“, beurteilt Molder.Auch bei ihm sitzt der Überwurf locker. „Macht nix. da kann ich im Winter noch einen Pulli drunter tragen.“