Duisburg. . Die Mitbegründer Renate Frisch, Helle Hensen und Uwe Frisch-Niewöhner blicken zurück. Am Anfang stand „Die Abschaffung der Monarchie“.
- Das Kom’ma Theater ging als Reibekuchen-Theater zuerst auf die Straße
- Es brachte 104 Stücke heraus, absolvierte 8000 Aufführungen
- Das Haus ist seit 1994 in Rheinhausen verwurzelt
Das erste Stück ging ganz im Wind der rebellischen 68er gegen Hierarchien auf Reise. „Es handelte von der Abschaffung der Monarchie“, schmunzelt Helle, heute Helmuth Hensen. Mit „Wie der König seine Krone verlor“ zog die achtköpfige Kerntruppe des aus einem VHS-Kurs hervor gegangenen Reibekuchen-Theaters 1976 zu Stadtfesten und Märkten. Der erste öffentliche Auftritt war in Geldern.
„Die ersten vier Jahre haben wir Straßentheater gemacht“, sagt Renate Frisch, die mit Hensen zu den Mitbegründern eines der ältesten freien Kinder- und Jugendtheater der Bundesrepublik gehörte. Ihr damaliger Mann Uwe Frisch-Niewöhner stieß ein Jahr später zunächst als Musiker hinzu.
Mit der ersten Produktion setzte das junge Theater auch ästhetisch Zeichen. Weg vom traditionellen Puppentheater: Während des Stücks verwandelten sich die Darsteller von den klassischen Kasperle-Truppe in Menschen. Zum frischen Wind gehörte aber auch, dass es Theater für Kinder nicht nur als Weihnachtsmärchen geben sollte, sondern dass Themen aus dem Alltag von Kindern theatral verarbeitet werden. „Grips“ und „Rote Grütze“ hatten in Berlin Zeichen gesetzt für ein emanzipatorisches Kinder- und Jugendtheater, „das Kinder ernst nimmt“, sagt Renate Frisch. Stets habe man sich aber auch gefragt, wie man die Wirklichkeit „mit Spaß und Freude aufnehmen kann“. Uwe Frisch-Niewöhner: „Nähe ist wichtig, wir sind ein Mitspieltheater.“ Renate Frisch: „Wir wollten das Theater aufbrechen, die Kinder sollten nicht nur still zuhören, oft gab es Spielaktionen im Anschluss.“ Für Jugendliche kamen Themen auf den Tisch wie Liebe und Sexualität, Gewalt oder Familiendramen.
Anfangs fürs Benzingeld gespielt
„Anfangs haben wir gegen Benzingeld gespielt“, erinnert sich Hensen. Die Anfragen häuften sich bald, dann wurde die Gruppe auch von Schulen eingeladen. Geprobt wurde in Frischs Küche in Krefeld oder der Turnhalle Falkstraße in Duissern, irgendwann musste ein eigenes Auto her. „Wir haben viel improvisiert, das hatte einen lustbetonten Charme“, sagt Renate Frisch.
Nach 17 Jahren als Tournee-Theater mit zum Teil 300 Auftritten pro Jahr, machte dann auch der 1. Preis beim Festival „Theaterzwang“ in Dortmund für das Reibekuchen-Theater „aus Krefeld“ die Stadt Duisburg hellhörig. Kulturdezernent Dr. Konrad Schilling bot die leer stehende Schule an der Schwarzenberger Straße in Rheinhausen als Domizil an. „Das Gebäude war runtergekommen, der Saal hatte eine schreckliche Akustik“, erinnert sich Frisch-Niewöhner. 1994 konnte das „Kom’ma-Theater“ nach viel Eigenarbeit eröffnet werden. Namensgeber war – indirekt – Frisch-Niewöhners Sohn Jannis, der seinen telefonierenden Vater mit „Komm mal“-Rufen genervt hatte. Inzwischen ist das Haus mit dem Stadtteil verwachsen, griff etwa 2001 in seinem Stück „Die versunkene Stadt“ den Arbeitskampf in Rheinhausen auf. Es ist Gastgeber für die Festivals „Kaas und Kappes“ sowie „Spielarten“ und lockte 15 Jahre mit der derben Ruhrgebiets-Comedy „Frühstück bei Prommenschenkel“ das Publikum.
„Das Haus ist Fluch und Segen zugleich“, sagt Renate Frisch. Einerseits bot es neue Möglichkeiten zu arbeiten, andererseits bindet ein Haus Energie. Finanzielle Basis des Theaters bleiben die Gastspiel-Touren. Denn alles, was über städtische Förderung (50 000 Euro jährlich) und die Landesförderung (30.000 Euro) hinaus geht, muss selbst aufgebracht werden, darunter die halbe Stelle fürs Administrative. Auch das Haus wird von den zehn Theaterleuten selbst unterhalten. Der Förderverein Spielträume hilft seit 2008, indem er etwa Kindergruppen den Theaterbesuch oder Produktionen des vor sechs Jahren gegründeten Jugendclubs ermöglicht.
„Wir haben keine Leitung, sondern sind als Kollektiv schon Dinosaurier“, sagt Renate Frisch. „Das macht es manchmal nicht einfacher.“ Und könne nur klappen, wenn „nicht Effizienz sondern Freundschaft zählt“. Inzwischen arbeiten drei Generationen im Ensemble. Nachdenklich macht die Frage, wie es weiter geht. „Schwierig“, sagt Helle Hensen.
Premiere für den Schwank „Der Heimat – Rheinhausen ist überall“
Das Kom’ma-Theater, das sich 2013 vom ersten Namen Reibekuchen-Theater verabschiedet hat, hat in 40 Jahren 104 Stücke herausgebracht, davon 46 Eigenproduktionen, also selbst entwickelte und inszenierte Stücke. Zum 40. Geburtstag, der am Samstag, 3. September, gefeiert wird, kommt ein weiteres Stück für Erwachsene hinzu. Ein Bereich, der schon 1988 bedient und in den letzten Jahren mit „Rückkehrer“ Hilmi Sözer etabliert wurde.
„Der Heimat – Rheinhausen ist überall“ heißt der Schwank von René Linke, Autor auch von „Kafka – der Prozess“ oder „Hamlet, die Zschäpe und ich“. Diesmal geht es um die Jahreshauptversammlung des Heimatvereins, der sich nach der Schließung der Hütte gegründet hat und nun auszusterben droht. Mit dabei sind die Duisburger Theaterkollegen Rainer Besel und Esther Krause-Paulus („Kreuz und Quer“). Die Premiere beginnt um 19 Uhr, ein kleiner Festakt zuvor um 18 Uhr. Kulturdezernent Thomas Krützberg gratuliert zu 8000 Vorstellungen für 800.000 Zuschauer.
Bereits um 15 Uhr kommt das junge Publikum (ab fünf) auf seine Kosten. Dann gastiert das Theater Fayoum mit „Die drei Räuber“, ein musikalisches Stück frei nach dem Kinderbuch von Tomi Ungerer.