Der digitale Fortschritt ist nicht aufzuhalten – und „alternativlos“. Davon ist nicht nur Sascha Lobo, Blogger, Buchautor und Gastredner beim diesjährigen Unternehmertag überzeugt. Die 300 Gäste, die Mittwochabend auf Einladung des Unternehmerverbandes ins Haus der Unternehmer gekommen sind, stimmen ihm zu. Nur: Wie wird die Industrie 4.0 die Arbeitswelt verändern?
„Nicht die Technologie verändert die Menschen. Das hängt davon ab, wie wir sie nutzen“, sagt Sascha Lobo, der als digitaler Vordenker gilt. Er unterstreicht die Wucht der Veränderung mit statistischen Zahlen: „Über 200mal greift der durchschnittliche Nutzer mittlerweile täglich zum Smartphone. Über 60 Prozent der Internet-Nutzung findet über mobile Geräte statt“, so Lobo.
Noch reagiere der Mittelstand zurückhaltend. Aber: „Die Digitalisierung wird vor nichts und niemandem Halt machen“, betont Wim Abbing, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmerverbandes. Potenziale sieht Abbing in einer besseren Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen: „Die Hochschulen sind unser Pfund für die digitale Zukunft.“ Abbing wirbt dafür, stärker als bisher Kooperationen zu suchen: „Wir brauchen auf breiter Front einen Technologietransfer in die Unternehmen.“ Dabei sei noch deutlich Luft nach oben.
Kritik übt Abbing an einem aus seiner Sicht schleppenden Ausbau der digitalen Infrastruktur in NRW: „Es bleibt unbegreiflich, dass beim Breitband-Ausbau alle mit dem Finger aufeinander zeigen, aber keiner die Schüppe in die Hand nimmt.“
Jedes Breitbandprojekt werde als riesen Errungenschaft gefeiert, dabei sollte der Ausbau eine Selbstverständlichkeit sein. Als „katastrophal“ bewertet auch Sascha Lobo die digitale Infrastruktur in Deutschland. Wichtiger Indikator sei der Ausbau mit Glasfaserleitungen. Dutzende Länder seien hierbei viel weiter als die Bundesrepublik, selbst Russland und China als große Flächenländer hängen Deutschland ab.
Doch auch wenn die digitale Infrastruktur eine große Baustelle sei, ruft Lobo die Unternehmer zu Optimismus auf. Risikobereitschaft sei gefragt. Dafür brauche es aber einen Wandel in den Unternehmenskulturen. „Der Perfektionismus zeichnet die deutsche Industrie aus. Die Digitalisierung erfordert aber Experimentierfreude“, sagt Lobo. Man müsse auch Scheitern dürfen.