Wieder hat die Münchener Pianistin Alice Sara Ott beim Klavier-Festival Ruhr mit ihrer großen Virtuosität und durchdachten Interpretationen das Publikum am Mittwoch in der ausverkauften Gebläsehalle des Landschaftsparks begeistert.

Beethovens Sonate „Der Sturm“ ist Programm für die erste Hälfte des Programms. Jede Phrase ist hier durchdacht, und Alice Sara Ott gelingt eine Aufführung voller Dramatik, die aber gleichzeitig auf theatralische Effekte verzichtet. Der erste Satz wirkt mit seiner peniblen Feinarbeit und vielen Stimmungsumschwüngen innerhalb weniger Augenblicke etwas manieriert. Die Folgesätze werden dann aber zur packenden Innenschau einer suchenden Seele: Nach dem tastenden Beginn im Adagio scheint sich das Individuum mit der Melodie vorsichtig selbst Mut zu machen. Das finale Allegretto ist von schnellen Ausbrüchen und Rückzugsversuchen geprägt.

Noch stürmischer spielt Ott Bachs Fantasie und Fuge in a-Moll. Sie fliegt in einem einzigen Bewegungstaumel vorbei. Wie Ott in diesem Tonsturm noch Akzente setzt, Melodien heraus meißelt und die Musik strukturiert, ist beachtlich.

Das emotional stärkste Stück des Abends ist Bachs Chaconne aus der Partita Nr. 2 in der Bearbeitung von Ferruccio Busoni. Ott macht mit kraftvollem Akkordspiel deutlich, dass sie keine Annäherung an das Geigen-Original versucht, sondern diese Musik vom Piano her begreift. Die Variationen des Themas gestaltet sie als eine emotionale Achterbahnfahrt und kostet dabei die dynamische Bandbreite des Flügels bis ins Letzte aus.

Franz Liszt ist der zweite Teil gewidmet: „Seliger Tod“ aus den „Liebesträumen“ ist eine hymnische Klangekstase. In „O lieb so lang Du lieben kannst“ singt Ott die Melodie auf dem Flügel ruhig aus. Großes Virtuosenfeuerwerk sind schließlich die „Six Grand Études de Paganini“. Alice Sara Ott spielt die Tongirlanden, die rasanten Akkordgriffe und die aufschäumende Begleitung mit so großer Souveränität, dass man dazu neigt, dieses halsbrecherische Können für selbstverständlich zu halten. Doch dann steigert sie sich in der flirrenden „La Campanella“-Etüde noch weiter.

Tosender Beifall, Bravo-Rufe und Blumen für die Pianistin, die sich mit einer Chopin-Nocturne bedankt.