Duisburg. . Neue Zuwanderer in Duisburg-Hamborn gesichtet: Papageienart, sonst in Scharen an der Düsseldorfer „Kö“ zu finden, siedelt sich im Ruhrgebiet an.

Seit Wochen werben Oberbürgermeister Sören Link und Baudezernent Carsten Tum darum, dass mehr Düsseldorfer sich in Duisburg nach Wohnraum umschauen. Voilà – hier sind sie: Psittacula krameri, besser bekannt als Halsbandsittiche. Markus Botzek von der Gruppe „Wildes Ruhrgebiet“ legt sich mit seinen Mitstreitern in seiner Freizeit auf die Lauer, um zu dokumentieren, wie sich die Natur die Stadt zurückerobert. Neulich sichteten sie in Hamborn ein paar Halsbandsittiche. Und es sind mit ziemlicher Sicherheit welche aus der Kolonie, die sonst auf der Düsseldorfer Königsallee zwitschert. „Wir kennen das, dass ein Spähtrupp losgeschickt wird, um auszukundschaften, wie die Lebensbedingungen sind“, beschreibt Peter Schütz, Mitbegründer von „Wildes Ruhrgebiet“. Die Bedingungen seien (noch) gut, die Sittiche bevorzugen alte Bäume, die ihnen Nistplätze bieten.

1800 Tiere durchstreifen die Region

Halsbandsittiche, ursprünglich beheimatet in Afrika und Asien, kamen als Ziervögel nach Deutschland. „Die, die hier leben, sind alle Inder“, erklärt Tobias Krause, Ornithologe des Naturschutzbundes Düsseldorf. In den 1960er Jahren kamen sie zum ersten Mal in der Natur vor. „Das sind Käfigflüchtlinge“, erklärt Botzek. Der Biologie-Lehrer arbeitet inzwischen hauptberuflich als Naturfotograf und ist begeistert, was das Ruhrgebiet für eine tierische Vielfalt zu bieten hat. Industriebrachen, Bäche und andere „Lost Places“ bieten reichlich Lebensraum. „Aber auch in Gärten ist abends viel los.“

Markus Botzek ist Naturfotograf und beobachtet, wie sich Natur und Industrie annähern.
Markus Botzek ist Naturfotograf und beobachtet, wie sich Natur und Industrie annähern. © Michael Dahlke

Von den Halsbandsittichen gibt es rund 1800 Tiere in der Region, schätzt Krause. Tagsüber kreisen sie durch die Landeshauptstadt, aber auch durch Ratingen, Krefeld oder eben Duisburg – abends kehren die Nichtbrüter zu ihrem Schlafplatz an die Kö zurück. Dort sorgen die Vögel, die wie ein kreischender Blitz durch die Hauptverkehrsstraßen flattern, für Aufsehen. Sie haben nicht nur Freunde. Es gibt sogar eine Händler-Initiative, die sich gegen Lärm und Hinterlassenschaften der Vögel wehren.

Stadtsprecherin freut sich über Einwanderer

Ein paar Jungtiere haben sich nun offenbar aufgemacht, die Nachbarstädte zu erobern. „Das kennt man ja auch vom Menschen, dass die Jugend auf Wanderschaft geht“, weiß Botzek. In Hamborn saßen die grünen Migranten mit dem roten Schnabel auf einem Bauzaun. „Das war Zufall.“ Momentan können er und seine Mitstreiter noch nicht verlässlich bestimmen, in welcher Allee sie sich besonders heimisch fühlen. „Sie zu entdecken, ist ein Siebener im Lotto“, scherzt Schütz. Stadtsprecherin Susanne Stölting freut sich über die neuen Gesichter: „Die Tiere erinnern mich immer an Australien. Vor zwei Jahren habe ich den ersten Vogel in der City gesehen und hoffe seit der Zeit auf eine Einwanderungswelle der bunten Sittiche.“

Noch führt die Zuwanderung der tierischen Migranten nicht zu einem Verdrängungswettbewerb bei heimischen Arten. Sollten sich mehr Sittiche ansiedeln, könnte es Gerangel mit heimischen Vögeln um die besten Nistplätze geben. Auch Stare und Dohlen bevorzugen alte Bäume mit Aushöhlungen. Das Futterangebot sei eigentlich kein Problem. Halsbandsittiche sind Vegetarier, begnügen sich mit Samen oder Blättern. Sonnenblumenkerne, frisch gepickt aus Gärten, sind ein Festmahl. Zu einer Überpopulation wird es wohl aber nicht kommen: Die Sittiche stehen bei Mardern und Habichten auf dem Speiseplan.

Randolph Kricke von der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt ist überzeugt, dass auch diese Integration in Duisburg gemeistert wird. Er meint augenzwinkernd: „Wie gut die Halsbandsittiche Sprachen erlernen, weiß ich nicht, aber es sind ja Papageien. Sollte also klappen.“