Duisburg. Für die meisten Menschen dürfte es unvorstellbar sein, bei diesen Temperaturen eine Nacht auf der Straße zu verbringen. Einer von ihnen ist Wolfgang, der vor einem Jahr seine Wohnung verlor und seitdem obdachlos ist.

Auf eisigen, nassen Steinen, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ist an erholsamen Schlaf nicht zu denken. Die Kälte zehrt die letzten Reserven auf. Und doch gibt es auch in Duisburg Menschen, die dieses Schicksal erdulden, die „auf der Platte” leben.

Einer von ihnen ist Wolfgang (Name von d. Red. geändert). Vor einem Jahr verlor er seine Wohnung, lebt seitdem auf der Straße. „Glücklich bin ich damit nicht”, sagt er, „aber ich komme irgendwie zurecht.” Er weiß, dass es auch für ihn Angebote gäbe, wieder ein Dach über dem Kopf zu haben. Doch er will nicht. „Gibt doch Leute, denen geht's mieser als mir. Sollen die erstmal.” Was ihn aber ärgert, sind die Reaktionen seiner Umwelt. Wenn er nur nach der Uhrzeit fragt, wenden sich die Leute ab. „Als ob ich die Lepra hätte. Die sollen mal einen Tag bei der Kälte auf der Straße pennen, dann wissen die mal, wie hart das ist.”

Der Verein Bürger helfen Bürger lud in einem Zelt vor dem Hauptbahnhof Obdachlose zu einer kleinen Weihnachtsfeier ein in Duisburg Foto : WAZ , Stephan Eickershoff
Der Verein Bürger helfen Bürger lud in einem Zelt vor dem Hauptbahnhof Obdachlose zu einer kleinen Weihnachtsfeier ein in Duisburg Foto : WAZ , Stephan Eickershoff © WAZ

Die Stadt schätzt den Kreis derer, die auch jetzt tatsächlich „draußen” bleiben auf etwa fünf Personen. „Es gibt diese kleine Gruppe, die durch kein Angebot erreicht werden und die sich gegen jede Hilfe sperren”, erklärt Alfons Olejnik vom Amt für Soziales und Wohnen. „Wir machen ihnen immer wieder Angebote, aber sie wollen einfach nicht. Und zwingen können wir sie auch nicht”, beschreibt Olejnik.

Nur fünf? Nicht jeder, der die Angebote von Hilfsorganisationen in Anspruch nimmt, ist ohne Heim und lebt draußen. Zudem gibt es ein ganzes Bündel von Angeboten, um Bedürftigen zumindest rudimentärste Grundversorgung ermöglichen. Und diese Personengruppe ist schon wesentlich größer. Sie nehmen in Duisburg täglich zum Beispiel die Dienste der „Straßenambulanz” in Anspruch, essen eine warme Mahlzeit in der Bahnhofsmission oder finden im Notfall im „Haus am Hafen” eine Schlafstelle.

Doch trotz vieler Hilfsangebote, wirklich ausreichend sind sie nicht. Die Aktivitäten von Vereinen wie „Gemeinsam gegen Kälte”, „Bürger für Bürger”, den Duisburger Tafeln oder der Diakonie sind in hohem Maße von Spenden abhängig. Schon kleine Ausfälle oder unvorhergesehene Pannen wie ein defekter Lieferwagen können die Organisationen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit bringen.

Deshalb gibt es auch Unterstützung von der kommunalen Ebene. Die Stadt vereinbarte mit dem Bahnhofsmanagement und der DVG, dass der Zugang zur U-Bahnstation am Hauptbahnhof während der kalten Jahreszeit auch nachts geöffnet bleibt. Zudem steht im Bahnhof ein beheizter Wartesaal zur Verfügung. Ausdrücklich sei dort von den Betreibern „unter Beachtung der Hausordnung der Aufenthalt betroffener Personen geduldet”. Kräfte von Polizei und Feuerwehr sowie das Fahrpersonal der DVG wurden über diese Maßnahmen in Kenntnis gesetzt, damit sie Bedürftige informieren können.