Duisburg. Mutter eines Loveparade-Opfers startet nach Gerichtsbeschluss Petition, um “sinnlosen Tod“ ihres Sohnes aufzuklären. Druck auf die Justiz soll so erhöht werden.

"Am 24. Juli 2010 wurde mein Leben aus den Fugen gerissen." Mit diesem Satz beginnt die Online-Petition von Gabi Müller auf der Internet-Plattform Change.org. "An diesem verhängnisvollen Sommertag ist uns unser einziger Sohn Christian genommen worden."

Christian Müller kam bei der Loveparade-Katastrophe ums Leben, seine Mutter will mit der Online-Petition an die Düsseldorfer Richter appellieren, "den sinnlosen Tod meines Sohnes und der anderen Betroffenen in einem Strafverfahren aufzuklären."

Für seine Mutter Gabi ist Christian vergangene Woche ein zweites Mal gestorben. Vergangene Woche, als das Landgericht Duisburg den Beschluss verkündete, die Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen zehn Verantwortliche nicht zu eröffnen.

Beschwerde gegen Landgerichts-Beschluss

Die Staatsanwaltschaft Duisburg und die Opfer-Anwälte der Kanzlei Baum, Reiter & Kollegen haben Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Die Hinterbliebenen hoffen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf die noch nicht rechtskräftige Entscheidung der Duisburger Richter revidiert und so doch noch das Hauptverfahren einleitet.

Die Petition soll den Druck auf die Justiz erhöhen, erklären die Opfer-Anwälte. Mit den gesammelten Unterschriften solle deutlich werden, dass "nicht nur die direkt Betroffenen, sondern auch eine größere Öffentlichkeit es für angebracht hält, dass die Umstände, wie es zu der Katastrophe kommen konnte, in einem Strafverfahren aufgeklärt werden sollen", so die Kanzlei.

„Die Justiz hat sich nicht mit Ruhm bekleckert“, sagt Prof. Dr. Julius Reiter von Baum, Reiter & Kollegen, die über 100 Opfer, darunter auch Hinterbliebene von vier Loveparade-Toten, vertritt. Für ihn ist der geplatzte Prozess ein "Justizskandal". Schließen sich die Düsseldorfer Richter dem Urteil aus Duisburg an, werde es keine öffentliche Aufklärung geben, wie es zu der Katastrophe kommen konnte, so Anwalt Reiter.

Unterstützung durch die Öffentlichkeit

Deshalb hofft Gabi Müller auf die Unterstützung ihrer Mitbürger: „Ich habe meinem Kind versprochen, dass ihm wenigstens Gerechtigkeit widerfährt. Bisher ist es das einzige Versprechen meinem Sohn gegenüber, das ich nicht halten konnte.“

Mit empathischen Worten wirbt die Mutter nun im Netz um Unterstützung: "Es ist für mich unerträglich, mir die Hilflosigkeit und blanke Angst meines Sohnes und der vielen anderen Opfer in diesen letzten Minuten ihres Lebens vorzustellen." Für die ersten Unterzeichner der Petition geht es um "Gerechtigkeit", sie wollen, dass "die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden".

Binnen eines Tages kamen auf der Plattform schon über 26.000 Unterschriften zusammen. Hier geht es zur Online-Petition: www.change.org/loveparade-katastrophe

Stiftung fordert unabhängiges Gremium

Hinterbliebene und Betroffene aus der Loveparade-Stiftung fordern ein unabhängiges Gremium, das die Ursachen der Loveparade-Katastrophe untersuchen soll, falls es zu keinem Prozess kommt. Die Prozess-Absage habe bei Hinterbliebenen und Betroffenen erneut Wunden aufgerissen, die bisher nicht heilen können. „Sie sind entsetzt, wütend und bitter enttäuscht“, so die Stiftung nach einem Treffen am Wochenende.

„Es kann und darf nicht sein, dass die Eltern und Betroffenen, aber auch die Öffentlichkeit ohne Antwort bleiben und das juristische Urteil der Nichtzulassung das letzte Wort behält“, heißt es in einer Erklärung. Diese Aufarbeitung könnte – ohne Gerichtsprozess – in der Form eines Gremiums geschehen, das dazu berufen und eingesetzt werden soll. Dazu will die Stiftung Kontakt mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aufnehmen.