Duisburg. . Ende Juni zieht der bisherige Hauptmieter aus einem der beiden Ruhrorter Brückentürme aus. Makler sucht Interessenten für das Immobilien-“Highlight“.

Der Blick aus dem Fenster im Dachgeschoss fällt auf weitere Wahrzeichen der Stadt Duisburg. Auf die schönen und die rauen: den Stadtwerketurm, die Stahlwerke im Süden und Norden, die Büro-Hochhäuser in der Innenstadt, die Weißen Riesen auf der anderen Flussseite in Hochheide. Bei gutem Wetter reicht der Blick bis zur Essener Skyline. Der Rhein ist allgegenwärtig. Ab Anfang Juli könnten diese Aussichten für Gewerbetreibende inklusive sein. Für den vom Rhein aus gesehen rechten Turm der Friedrich-Ebert-Brücke, die Ruhrort und Homberg verbindet, sucht Makler Stephan Rothes neue Mieter. Über 400 Quadratmeter Nutzfläche hat der Turm, für rund 100 in Dachgeschoss und Spitzboden gibt es bereits eine konkrete Anfrage. Der Rest wird, Stand jetzt, zum Ende Juni freigezogen und steht dann erstmal leer.

Im zweiten Obergeschoss befindet sich ein Konferenzraum, der theoretisch auch für gastronomische oder kulturelle Zwecke nutzbar wäre.
Im zweiten Obergeschoss befindet sich ein Konferenzraum, der theoretisch auch für gastronomische oder kulturelle Zwecke nutzbar wäre. © Funke Foto Services

Es gibt Momente, da fällt Stefan Rothes, der die Josef Rothes GmbH Immobilien in dritter Generation führt, in übliche Makler-Rhetorik zurück. Da schwärmt er von dem „sehr angenehmen Raumklima“ und ebensolchen Lichtverhältnissen im Turm. Nicht dunkel und eng sei es dort wie in anderen Büros: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Oft aber gerät der 48-Jährige ins Schwärmen, wenn er von dem Turm spricht. Die Immobilie sei schlicht „der Hammer“, Angebote wie dieses „seltenst“. Die Lage, die Aussicht, die Räumlichkeiten, die Anbindung, nicht zuletzt das Gebäude selbst. Auf seiner Homepage im Internet wird der Turm als „absolut einzigartig in Duisburg“ beworben.

12,50 Euro Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter plus Nebenkosten

Frei wird der Turm, weil der bisherige Hauptmieter Gerlach, ein Zolldienstleister und 100-prozentige Tochter der Deutschen Post, drei Jahre nach dem Einzug als Erstmieter nach der Kernsanierung eine Option zur Kündigung des Mietvertrags gezogen hat und ausziehen wird. Das Unternehmen verlagere seine Büros ins Gewerbegebiet an der Keniastraße, sagt Rothes, und spricht von „internen Umstrukturierungen“ bei Gerlach als Hintergrund.

Für Interessenten gilt derzeit: 12,50 Euro Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter müssen sie zahlen, hinzu kommen je 2,50 Euro für die Nebenkosten. Die Anmietung von Parkplätzen kostet extra. Noch verfügbar sind das Erdgeschoss, bei dem noch das Originalmauerwerk aus der Wand ragt, und die ersten vier Obergeschosse. Die Preise seien durchaus marktüblich, sagt Rothes: „In Düsseldorf wäre ein solches Objekt längst wieder vermietet.“ Rothes sagt, er könne sich potentielle Mieter aus vielen Branchen vorstellen: Ärzte, Werbeagenturen oder Rechtsanwälte könnten dort einziehen. Zwar möglich, aber derzeit eher unwahrscheinlich ist eine gastronomisch-kulturelle Nutzung, dabei wäre etwa der große Konferenzraum im zweiten Stock nebst üppigem Außenbalkon dafür prädestiniert.

Mietobjekt und Wahrzeichen. Mit Makler Stephan Rothes (rechts) sah sich auch Dirk Grotstollen vom Ruhrorter Bürgerverein den historischen Brückenturm an.
Mietobjekt und Wahrzeichen. Mit Makler Stephan Rothes (rechts) sah sich auch Dirk Grotstollen vom Ruhrorter Bürgerverein den historischen Brückenturm an. © Funke Foto Services

Nie zur Debatte stand seit der Kernsanierung eine Nutzung als Wohngebäude, erklärt Rothes. Zwar habe es immer mal wieder lose Anfragen gegeben, „aber Wohnen ist nicht das Ziel“, spricht der Makler stellvertretend für die aktuelle Eigentümerin des Gebäudes. Dabei haben tatsächlich noch bis Ende des vergangenen Jahrzehnts Menschen in dem Turm gewohnt. Sie wurden nach dem Verkauf der Immobilie im Jahr 2010 - ein Jahr zuvor war bereits der Schwesterturm von der städtischen Gesellschaft Gebag an einen Privatmann veräußert worden - von dem neuen Besitzer abgefunden. Einer der früheren Bewohner hatte 2008 noch Pläne vorgestellt, dort ein Künstler-Haus mit angeschlossener Herberge einzurichten. Umsetzen ließen die sich nie.

Eine Sanierung „kostet richtig viel Geld“

Der Mann, der mit seiner Trockenbaufirma bereits das aktuell komplett an Gewerbetreibende vermietete Pendant auf der anderen Straßenseite auf Vordermann gebracht hatte, modernisierte in Abstimmung mit dem Denkmalschutz nun auch hier - als Kapitalanlage. Der Kaufbetrag könnte damals dem Vernehmen nach im niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich gelegen haben. Das Drei- bis Vierfache davon dürfte schließlich für die Sanierung draufgegangen sein. „Das kostet richtig viel Geld“, sagt Rothes. Unter anderem wurde die Heizung komplett erneuert. Ein Aufzug hält auf allen Etagen des Gebäudes, das zwischen 1904 und 1907 errichtet worden ist. Die Brücke zwischen Homberg und Ruhrort wurde im Zweiten Weltkrieg gesprengt und dann von 1951 bis 1954 wieder aufgebaut, so erklärt es eine Tafel an der Außenmauer des Turms. Die sanierte Immobilie verkaufte der Investor schließlich an die jetzige Besitzerin, eine Privatperson aus Duisburg, die nicht namentlich genannt werden möchte. „Die Frau hat sich in den Turm verliebt“, berichtet Rothes, dem es bisweilen ähnlich zu gehen scheint. Jetzt muss der Makler nur noch neue Mieter finden - für sein „Highlight“. Ein bisschen drängt die Zeit - und das bei diesem alten Gemäuer.