Duisburg. . Wir baten den Duisburger Künstler Lisnoir, ein hart gekochtes, weißes Ei in eine Osterdekoration umzugestalten. Es wurde pink, heftig pink.
„Super. Ich mach ein Ei.“ Das war die erste Reaktion von Lisnoir, als wir gefragt haben, ob er für uns ein Osterei gestalten würde. Ganz ohne Vorgaben, nach eigenem Gutdünken. Und beim Galerie-Atelier-Besuch sagt Sebastian, wie er im bürgerlichen Leben gerufen wird, sofort: „Ich hab mir schon mal Gedanken gemacht. Ich übertreibe bei der Gestaltung und lasse das Ei aus der Form laufen.“ Spontaner erster Gedanke: Will der gute Mann das Ei jetzt zerdeppern? Nee, ne? Dann folgt: „Ich mache es pink und lasse es leuchten.“ Beruhigender zweiter Gedanke: Gott sei Dank, das Ei bleibt heile.
Seit 15 Jahren ist Lisnoir in Sachen Kunst unterwegs, bekannt geworden ist er vor allem durch seine Geweihe. Die Art und Weise, wie er die Jagdtrophäen bearbeitet, hat - vorsichtig formuliert - nichts mit Dezenz zu tun. Man könnte auch sagen: Der Mann lässt es richtig krachen, mit grellen Farben, mit viel Glitter, Perlen, Blüten, Federn. Da werden aus Geweihen echte Hingucker, nicht nur für passionierte Jäger. Oder für die vielleicht gar nicht, ob der Provokation.
„Ich mag es, mir selbst ein bisschen Stress zu machen. Dann lebt man mehr. Je mehr Chaos passiert, desto aktiver ist mein Leben.“ Das mag für die künstlerische Arbeit und den Ideenreichtum von Lisnoir gelten. Es gilt allerdings nicht für sein Atelier. Das ist penibel aufgeräumt. Alles gehört an seinen Platz. Die Regale sind voll mit Kisten: die Glitterkiste, die Pfeifenreiniger-Kiste. So wie andere Leute ihre Schrauben und Dübel in der Werkstatt ordnen, ordnet Lisnoir seine große Sammlung an Strasssteinen. Die Ausrede der Unordentlichen „Nur ein Genie beherrscht das Chaos“ gilt nicht für den Arbeitsbereich von Lisnoir.
Der Mann stellt das Ei vorsichtig in einen Eierbecher von bestechender Schönheit. Blasrosa in Herzchenform. Schwupps die Sprühdose gezückt und das einstmals weiße Ei ist zur Hälfte pink, augenkrebspink. „Ich werd das Ei auch stachelig machen. Motto: Das Ei wehrt sich, geköpft zu werden“, erzählt Lisnoir, während er die zweite Eihälfte besprüht. Ach, dafür sind die ebenfalls pinken T-Stücke, die man eigentlich vom Golfen kennt. Fein säuberlich aufgereiht stehen sie im Kreis und erinnern stark an eine Geburtstagstorte mit Kerzen. Heftige Farbwahl: Sein Kommentar: „Langweilig können die anderen.“
Auch Religion kommt in dem Gespräch vor. Es geht ja schließlich um Ostern. „Religion steht für mich für den Glauben an das Gute.“ Mit dem bösen Gott, der droht, Menschen in die Hölle zu schicken, kann Lisnoir wenig anfangen. Aber mit der Güte, der Freundlichkeit, der Liebe.
Jetzt kommt die Heißkleberpistole zum Einsatz: rosa Strass in Blütenform zieren nun das Ei im oberen und unteren Drittel. Auf den Kopf kommen pinkfarbene Federn. Kaum ist das erste T-Stück auf den „Ei-Äquator“ gesetzt, erinnert das ganze Gebilde auf einmal an Pinocchio. Doch weitere Stachel folgen. Nun noch den Eiboden mit Leim bestreichen und reichlich lila Glitter drüber streuen und glitzernde lila Pfeifenreiniger über einen Stock zu einer Spirale drehen, um sie dann über die Stachel zu ziehen und fertig ist das Osterei a la Lisnoir. Und das Leuchten? Lisnoir platziert das Ei auf schwarzen Sitzwürfeln vor schwarzem Hintergrund, holt die Schwarz-Licht-Lampe, schaltet sie an und? Der Mann hat nicht zu viel versprochen. Es leuchtet, das pinke Osterei.