Mit Schwefel machte Friedrich Wilhelm Curtius ein Vermögen. Der Unternehmer war ein Wegbereiter der chemischen Industrie. Doch seine Familie brachte auch Wissenschaftler und Politiker hervor
WAZ-SERIE: PIONIERE DER DUISBURGER WIRTSCHAFT Viele bedeutende Pioniere des beginnenden Industriezeitalters hatten in Duisburg ihren Sitz. Bis heute begegnen uns ihre stolzen Namen in Geschichtsbüchern, auf Gedenktafeln oder Straßenschildern. In einer Serie geht die WAZ diesen Größen der Stadtgeschichte nach. Heute stellen wir einen Wegbereiter der chemischen Industrie, Friedrich Wilhelm Curtius, vor.
Es war die Zeit der großen Erfindungen und Ideen, als sich der in Goch geborene Apotheker Friedrich Wilhelm Curtius entschloss, sein Glück am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr zu suchen. Probierte er es zunächst als Buchhalter und Kaufmann, war er sich doch sehr bald schlüssig, womit er künftig sein Brot verdienen sollte. 1824 eröffnete der Unternehmer in Kasslerfeld eine Schwefelsäurefabrik. Diese erste "Vitriolfabrik" lag günstig in Nähe der Ruhrmündung, der aus Südeuropa importierte Schwefel konnte direkt am Werk von den Schiffen gelöscht werden.
Doch belegt nicht nur die Standortwahl die unternehmerische Weitsicht des Industriellen. Curtius hatte erkannt, wie wichtig Schwefelprodukte in der aufkommenden Industrialisierung geworden waren und dass die Chemie eine Boombranche werden sollte. Daher traf er die strategische Entscheidung, es nicht bei der Produktion und dem Verkauf von Grundstoffen zu belassen. Künftig stellte Curtius in seinen Fabriken so ziemlich alles her, was sich aus Schwefelsäure produzieren ließ und erschloss zudem neue Geschäftsfelder der anorganischen Chemie.
Sein Unternehmerdrang zeigt sich also auch in den weiteren Produktionsanlagen, die in den Folgejahren in Duisburg die Arbeit aufnahmen - zwar unabhängig vom Kasslerfelder Stammwerk, doch von Curtius kontrolliert.
Soda (1838), Alaun- und Tonerdensulfate (1849), Chlorkalk (1848) und Ultramarin (1849) waren die Erzeugnisse der neuen Werke. Unter den Neugründungen fand sich übrigens auch die Sodafabrik "Matthes & Weber", die später in den Besitz der Henkel AG überging und über 150 Jahre manchem Duisburger einen Arbeitsplatz bot. Erst in den 90er-Jahren stellte "Matthes & Weber" die Produktion ein.
Doch der erfolgreiche Unternehmer ist nur eine Facette der Persönlichkeit Curtius'. 1831 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Duisburger Handelskammer. Zudem war der Fabrikant ein echter Familienmensch. Früh schon stieg Sohn Julius in die Geschäfte ein und führte das Unternehmen auch nach dem Tod des Gründers weiter. Julius lag , ungewöhnlich für einen Industriellen, die Umwelt am Herzen. Große Waldflächen hatte er erworben. Auf dem Kaiserberg ehrt ihn noch heute ein Denkmal als "Hüter und Schützer des Waldes". Das "Forsthaus Curtius" im Stadtwald ist ein weiterer Beleg seiner vielfältigen Interessen. Friedrich Wilhelm Curtius verstarb im Jahr 1862, im Dellviertel erinnert eine Straße an den Industriellen und seine Familie. Bis 1857 war der Senior noch geschäftlich aktiv. Danach zog er sich mit 75 Jahren zurück.
Denn Friedrich Wilhelm war nicht der einzige Sproß der Curtius-Familie, der es zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Eher in der Wissenschaft bekannt wurde Julius Wilhelm Theodor Curtius (#2#27 1928). Der Entdecker des Hydrazins und der "Curtius-Reaktion" lehrte als Professor an der Universität Heidelberg. Wesentlich breitere Bevölkerungsschichten erreichte dagegen Julius Curtius (#2#27 1948). Während der Weimarer Republik war er seit 1926 Reichswirtschaftsminister. An der Seite Heinrich Brünings erlebte er später als Außenminister den Untergang der ersten deutschen Demokratie aus der Nähe mit.