Duisburg. . Das junge Unternehmen „mynoise.de“ des HNO-Arztes Dr. Uso Walter ist auf Erfolgskurs. In Zusammenarbeit mit der Charité soll es weiter expandieren.

Schätzungsweise zwei bis vier Millionen Menschen leiden bundesweit an chronischem Tinnitus. Eine Therapie wird von Fachärzten kaum angeboten. „Der Grund ist das Gesundheitssystem, das eine intensive Betreuung nicht bezahlt“, sagt Dr. Uso Walter aus Duisburg. Vor zwei Jahren gründete der niedergelassene HNO-Arzt das Startup „mynoise.de“, um diese Lücke mit einer Online-Therapie zu schließen. Seitdem expandiert die kleine Firma immer weiter. Jetzt wurde sie in London als eines der besten westeuropäischen Startups beim Wettbewerb „Get in the Ring“ ausgezeichnet.

Mit seinem jungen Unternehmen kämpft Dr. Uso Walter gegen einen noch immer beständigen Mythos an: „Es gibt keine Tabletten gegen Tinnitus. Aber dass man nichts dagegen machen kann, das ist falsch.“ Patienten bräuchten eine umfassende Behandlung, bestehend aus mehreren Bausteinen, sagt Walter. Aufklärung mit Webvideos und akustische Therapie mit downloadbaren Dateien, das bietet „mynoise“ online für Patienten mit bereits diagostiziertem chronischen Tinnitus an. Zwei Investoren stiegen im letzten Jahr in die Firma ein, die seitdem als GmbH geführt wird.

Auch langjähriger Tinnitus ist therapierbar

Als Walter 2014 mit seinem Start-up online ging, wurde der Erfolg der akustischen Therapie nur durch Studien belegt. Ein Angebot aber habe es in Deutschland zuvor nicht gegeben. Mit einem Duisburger Toningenieur entwickelte Walter Tondateien, die das Piepen mit speziellen Frequenzen bekämpfen sollen. Patienten können online auswählen, wie ihr Piepston klingt und bekommen die passende mp3-Datei – wahlweise als Rauschen oder Wasserplätschern – für 45 Euro zum Download angeboten.

Die Geräusche besitzen spezielle Frequenzen, welche die umliegenden, nicht vom Tinnitus gereizten Nervenfasern stimulieren sollen. Etwa ein Jahr lang sollen die Dateien täglich gut zwei Stunden lang – auch unbewusst neben alltäglichen Arbeiten – gehört werden. So würden die umliegenden Bereiche im Gehirn wachsen und den Tinnitus unterdrücken. „Das funktioniert wie bei einem Klavierspieler, bei dem nach häufigem Üben der Teil des Gehirns größer wird, der die Finger steuert“, veranschaulicht Walter. „Man kann den Tinnitus damit immer bessern, auch wenn er schon seit 20 Jahren besteht.“

Gespräch mit Krankenkassen aufgenommen

An einem weiteren Therapiebaustein arbeitet der Arzt gerade auf Hochtouren zusammen mit der Charité in Berlin. Im nächsten Jahr soll eine Art „Gesundheitscampus“ auf der Website erscheinen, in dem erstmals auch verhaltenstherapeutische Maßnahmen angeboten werden. Gerade bei Tinnitus sei es wichtig, dass Patienten nicht resignieren, sondern erkennen, „dass sie selbst aktiv werden“ können. Zudem sollen sie sich bald mit einem Fragebogen anmelden können, um maßgeschneiderte Therapiepläne zu bekommen.

Dr. Uso Walter hofft, dass die Online-Therapie künftig keine Privatleistung mehr bleibt: „Wir sind dazu bereits mit Krankenkassen im Gespräch. Die umfassende Therapie würde ein bis zwei Jahre dauern und zwischen 400 und 500 Euro kosten – umgerechnet ist das gerade einmal so viel wie ein Tag Krankenhausaufenthalt.“