Vor dem ersten Ton steht intensive Bastelarbeit, und beim Spielen zeigt man nicht sein schönstes Gesicht. Dennoch liebt Kirsten Kadereit-Weschta ihr Instrument. „Ich würde kein anderes spielen wollen, es ist meins geworden“, sagt die Oboistin, deren alter Lehrer sie gewarnt hatte: „Wenn du hübsch aussehen willst, dann darfst du nicht Oboe lernen.“

Die hatte die Tochter „leidenschaftlicher Hobby-Musiker“ schon früh gewählt. Als Neunjährige sozusagen im Ausschlussverfahren: „Querflöte spielten alle, Klarinette mochte ich damals gar nicht, fürs Fagott sind meine Hände zu klein, ein Streichinstrument spielte meine Schwester schon, nur Horn wäre noch in Frage gekommen.“ Das spielte ihr Vater, der sie oft mit ins Konzert der Bielefelder Philharmoniker nahm und ein wenig in Richtung Oboe „gestupst“ hat.

Abhalten konnte sie von diesem Instrument auch nicht das mühsame Herstellen der Mundstücke aus Schilfrohr. „Die muss man selber machen, das hat etwas sehr Persönliches, jeder Oboist hat seine eigene Art.“ Nachgebaut werden müssen die Rohre ständig, weil sie nur ein bis drei Wochen halten. So macht sich die Oboistin mehrere Stunden pro Woche ans Schilfrohr, das aus Italien oder Frankreich kommt und lange gelagert worden ist. Es wird gehobelt, in Fasson geschnitten, beschabt, in eine Metallhülse gesteckt, gebrannt und zuletzt aufgeschnitten. „Es kommt auf hundertstel Millimeter an“, sagt Kirsten Kadereit-Weschta. „Das ist eine Kunst, es braucht lange und viel Geduld, bis man’s gelernt hat.“ Von zehn Rohren schaffen es nur fünf ins Konzert. Inzwischen mache ihr diese handwerkliche Arbeit aber Spaß, sei zu einer Art meditativer Übung geworden.

Als Kirsten Kadereit-Weschta Unterricht bei einer Detmolder Oboen-Studentin nahm, bekam sie Kontakt zum Jugendorchester der Hochschule. „Ich liebe es, im ­Orchester zu spielen. Es ist toll, mit vielen anderen jungen Leuten etwas Besonderes zu machen.“ Sie wurde Jung-Studentin, damit lag der Weg zum Berufsmusiker klar vor ihr. Nach der Musikschullehrerprüfung ging es nach Berlin, wo sie bei Hansjörg Schellenberger, ­Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, weiter lernte. Und wurde bald nach der ­Abschlussprüfung bei den Duisburger Philharmonikern engagiert, denen sie jetzt seit 25 Jahren ­angehört. „Ich bin in Duisburg wahnsinnig glücklich, in diesem Orchester geht man unglaublich freundlich miteinander um.“

Große Momente hat sie mit den Duisburgern erlebt, gern erinnert sie sich an eine England-Tournee. „Sehr eindrucksvoll“ sei Wagers „Tristan und Isolde“ mit Kirill Petrenko bei der Ruhrtriennale gewesen, aber auch die Konzerte in der neuen Mercatorhalle zählen für Kirsten Kadereit-Weschta zu den herausragenden Erlebnissen.„Ich spiele sehr gern Wagner, Bruckner, Mahler, aber auch Haydn- und Mozart-Sinfonien.“ Werke, in denen die Oboe besonders gefragt ist. „Und Barockmusik liegt mir an Herzen.“ Da wird auch die ältere Oboe d’amore eingesetzt, die sie ebenso spielt wie das Englischhorn.

Bei den Duisburgern hat sie nicht nur ihr berufliches Glück gefunden. 1993 kam der Posaunist Norbert Weschta ins Orchester, 1997 wurde geheiratet. Die zwei Kinder (13 und 16 Jahre) sind natürlich auch ­musikalisch. Im schalldichten Keller üben nicht nur die Eltern, sondern der Sohn Schlagzeug und die Tochter Geige. Im Garten entspannt sich Kirsten Kadreit-Weschta wie beim Fahrradfahren und Spaziergängen mit dem Hund, außerdem engagiert sie sich als Presbyterin.

Und dann müssen ja auch ständig Rohre gebaut werden.