Duisburg. In der Ausstellung über das „Goldene Zeitalter des Islam“ sind auch historische Messinstrumente zu sehen. Die Stunden dauerten unterschiedlich lang.
Schon wieder ein Jahr vorbei. Das Gefühl, dass die Zeit immer schneller vergeht, wächst mit dem Lebensalter. Geschrumpft ist dagegen die Fähigkeit, sich ein Leben ohne Zeitmesser vorzustellen. Dabei hat die Menschheit die längste Zeit ihrer Existenz ohne Uhren verbracht und sich am Himmel orientiert.
Bis ins 19. Jahrhundert sind Uhren unhandlich groß und für die meisten unerschwinglich, zur zeitlichen Orientierung reichen oft die Kirchenglocken. Erst seit der Industrialisierung geben Uhren den Takt an in der globalen Maschinerie.
Von der Sonnen- bis zur Atomuhr
Eine Zeitreise, die von der Atomuhr-Gegenwart zurück führt zur Sonnenuhr, kann man in der Ausstellung „Häuser der Weisheit“ unternehmen, die im Kultur- und Stadthistorischen Museum um das „Goldene Zeitalter des Islam“ kreist. Da Originale aus der Zeit zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert kaum erhalten sind, wurden Nachbauten von Sonnenuhren, einem Astrolabium und einem Kalender aus dem Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften in Frankfurt ausgeliehen.
Die 1371 gebaute Sonnenuhr der Umayyaden-Moschee in Damaskus galt als Meisterstück ihrer Art. Entworfen von einem Astronomen, war die Sonnenuhr an einem Minarett angebracht. Sie maß die Stunden, die damals noch unterschiedlich lang waren, weil sie sich am Sonnenaufgang und -untergang orientierten. Die Zeit dazwischen wurde durch zwölf geteilt, diese „Temporalstunden“ gab die Uhr auf vier Minuten genau an.
Tragbare Uhren
Tragbar war die zylindrische Sonnenuhr, die allerdings nur auf einem bestimmten Breitengrad genutzt werden konnte. Reisende und Händler konnten mit ihrer Hilfe die Zeit für ihre Gebete messen. Sie ist in zwölf Bereiche unterteilt, in die die Namen der Tierkreiszeichen eingraviert sind. Auch diese Uhr zeigt die Temporalstunden.
Über den Tag hinaus weist der mechanische Kalender mit acht unterschiedlich großen Zahnrädern, der von Hand betrieben wurde. Der bedeutende persische Universalgelehrte Al-Biruni (973-1048), der sich mit nahezu allen Wissenschaften seiner Zeit beschäftigte – von Mathematik und Astronomie bis hin zur Philosophie und Geschichte — entwickelte eine „Mondbüchse“. Damit konnte man den zu- oder abnehmenden Mond, den abgelaufenen Teil des Monats und die Position der „beiden Leuchten“ Sonne und Mond bestimmen.
"Stern-Nehmer" für einen ägyptischen Sultan
Eines der wichtigsten Geräte über Jahrhunderte und bis heute faszinierend, wie die Angebote im Handel zeigen, ist das Astrolabium; zu sehen ist der Nachbau eines Astrolabiums, das 1252 für einen ägyptischen Sultan angefertigt wurde. Der „Stern-Nehmer“, der zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert im griechisch-römischen Raum erfunden und dann im arabisch-islamischen Kulturkreis weiterentwickelt wurde, wurde seit dem 8. Jahrhundert zum wichtigesten astronomischen Gerät, das als Zeitmesser, Kalender, Richtungs- und Entfernungsmesser, sogar als „Rechenschieber“ eingesetzt wird.
Als „Taschenhimmel“ bezeichnet es der Astronom Florian Freistetter: „Es ist eine zweidimensionale Abbildung des Himmels.“ Mit Hilfe eines Koordinatennetzes und Skalen und einer Darstellung der wichtigsten Sterne kann man das Astrolabium so einstellen, dass die Darstellung der Sterne der realen Position der Sterne am Himmel entspricht. Daran wird die Uhrzeit abgelesen – und noch viel mehr, wie eine Geschichte aus „1001 Nacht“ erzählt.
Ein Barbier als Gelehrter
Darin hat der „Hinkende von Bagdad“ einen Barbier bestellt, der allerdings viel mehr kann als rasieren. Bevor er seinen Kunden bedient, misst er mit einem Astrolabium die Sonnenhöhe und sagt: „Es wird euch sehr angenehm sein zu erfahren, dass wir heute Freitag, den 18. Tag des Monats Safar haben, im Jahr 653 seit der Flucht unseres großen Propheten von Mekka nach Medina...“ Schließlich sagt der Barbier, der sich auch als Gelehrter preist, dem Kunden voraus, dass ihm eine große Gefahr bevorstehe. Ob die vielleicht vom geschwätzigen Barbier selbst ausgeht, wird in dieser 165. Nacht der großen Geschichtensammlung des Orients nicht enthüllt.
Sicher ist: Heute beginnt bei uns die letzte Nacht des Jahres 2015 – und man muss kein Gelehrter sein, wenn man fest damit rechnet, dass sich 2016 anschließt.
Ausstellung ist noch bis 20. März 2016 zu sehen
Die Ausstellung über das „Goldene Zeitalter des Islam“ ist noch bis zum 20. März 2016 im Kultur- und Stadthistorischen Museum, Johannes-Corputius-Platz 1, zu sehen – allerdings nicht am 31. Dezember und 1. Januar. Die Öffnungszeiten, unabhängig von Feiertagen: dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen.
Der Eintritt: 4,50 Euro für Erwachsene, ermäßigt 2 Euro, Gruppen 3,50 Euro pro Person. Infos: 0203 / 283 26 40, www.stadtmuseum-duisburg.de