Duisburg. Das Gitarrenbuch des Duisburgers Peter Bursch hat längst Kultstatus erreicht. Warum sein Buch so erfolgreich ist? Er hat da einige Vermutungen.
Was Schlagersängerin Juliane Werding und „Kuddel“ von den Toten Hosen gemeinsam haben? Den Gitarrenlehrer Peter Bursch. Der Duisburger bringt mit seinem quietschbunten Lehrbuch seit 40 Jahren Menschen das Gitarrespielen bei. Sein Erfolgsrezept ist einfach: Statt mit Theorie und Noten fangen seine Schüler gleich mit Praxis an. „Schon nach ein paar Minuten spielen sie die ersten Songs“, erzählt Bursch. Der 66-Jährige ist Musiker, Ingenieur, Autor, Mitbegründer der Krautrockband „Bröselmaschine“ und Inhaber einer Gitarrenschule.
Mit seinem vor 40 Jahren erstmals erschienenen Gitarrenbuch hat es Bursch zum „Gitarrenlehrer der Nation“ gebracht. Zahlreiche weitere Bücher hat Bursch mittlerweile herausgebracht, die unter anderem auch in Italien, Brasilien, China und den USA erschienen sind. Seine Devise: Musikmachen soll Spaß machen. Deswegen verzichtet er bei seinen Schülern zunächst auf Notenlehre. Stattdessen geht es gleich mit den ersten Songs los. Nach kurzer Zeit könnten die Schüler schon Eric-Clapton-Lieder mitspielen, sagt Bursch.
Erste Auflage mit 1000 Exemplaren
Mit „Bröselmaschine“ war Bursch in den 70er Jahren international viel unterwegs. In Tournee-Pausen gab er – damals schon Familienvater – in Duisburg Gitarrenunterricht. Die Schüler hätten ihn dann gebeten, nicht nur an die Tafel zu schreiben, sondern ein Heft zu machen. „Das Heft ist dann rumgegangen und immer wieder kopiert worden. Irgendwann habe ich es dann mal bei Verlagen versucht.“ Der Verlag Voggenreiter in Bonn hat schließlich „Peter Bursch's Gitarrenbuch“ auf den Markt gebracht.
„Es gibt in Deutschland nichts Vergleichbares“, sagt Verleger Ralph Voggenreiter. Sein Vater habe das Buch damals mit der Auflage von 1000 Stück gedruckt - und nach nur zwei Wochen nachdrucken müssen. Seither habe es sich rund 1,5 Millionen Mal verkauft. „Ein echter Dauerbrenner.“ Nun gibt es eine Neuauflage mit DVD.
„Dass sich das Buch so lange hält, spricht dafür, dass sich der Ansatz bewährt hat“, sagt Volker Gerland, Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Musikschulen, in Dortmund. Musikschulen verfolgten jedoch in der Regel einen anderen, vollständigeren Ansatz. Das Label „ohne Noten“ wäre aus Sicht der Schulen kein Qualitätsmerkmal. Vielmehr seien die Noten als Sprache zu verstehen. Und gerade beim Zusammenspiel mit anderen Musikern, anderen Instrumenten sei es wichtig, dass alle die gleiche Sprache sprechen.
Fasziniert von Presley und den Beatles
Aber, so findet Gerland: „Wer es so machen will, für den ist es der richtige Weg.“ Ihm gefällt an dem Buch, dass es mit seiner Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen, von Folk bis Klassik, die Vielseitigkeit der Gitarre abbilde. „Ich habe Respekt davor.“
Fasziniert von Elvis Presley und den Beatles hatte Bursch schon als Jugendlicher Musiker werden wollen. Mit 18 Jahren zog er von Zuhause aus - in eine Duisburger Kommune -, gründete kurz darauf „Bröselmaschine“ und begann von der Musik zu leben. Den Eltern zuliebe habe er nebenher sein Ingenieursstudium abgeschlossen, erzählt Alt-Hippie Bursch, der seine Haare bis heute lang trägt. Von da an konzentrierte er sich ganz auf die Musik: Band, Unterricht, Bücher - das läuft seitdem parallel.
Generationen von Schülern haben mit dem knallgelben Buch in Comic-Optik das Gitarrenspiel gelernt. In Nordrhein-Westfalen kommen seit einigen Jahren auch Häftlinge in den Genuss. Immer wieder habe er Post von Gefangenen erhalten, die ihm schrieben, sie hätten mit seinem Buch geübt und das habe ihnen geholfen, sagt Bursch. Die Mutter eines jungen Häftlings schrieb ihm: „Früher war mein Sohn drogensüchtig, heute ist er gitarrensüchtig.“ Mit diesem Brief trat er an das Justizministerium heran - und es entstand ein besonderes Gitarrenprojekt: Der Verlag spendete Gitarrenbücher, ein Musikhaus steuerte Gitarren bei und Bursch gibt kostenlos Workshops in JVAs.
Auch Campino erinnert sich an „Kuddel“
Einige der Nachwuchsmusiker von einst, die mit Burschs Buch gelernt haben, haben Profi-Karriere gemacht. „Juliane Werding war bei mir im Unterricht“, erzählt Bursch. Auch die Scorpions holten sich Tipps bei ihm. Und Reamonn- und Stereolove-Gitarrist Uwe Bossert erinnert sich: „Mein Buch ist ziemlich abgegriffen.“ Bursch schreibe in dem Buch mit einer Leichtigkeit, so dass man Lust hat, damit zu arbeiten. „Man hat nicht das Gefühl, in der Schule zu sein. Das ist gerade in dem Alter wichtig.“ Bursch helfe den Schülern, die Liebe zur Musik zu entdecken. Das Buch sei allen Gitarristen ein Begriff, sagt Bossert.
Auch den Toten Hosen. In einem Interview erinnert sich Frontmann Campino an die Anfangszeiten der Band und wie er „Kuddel“ traf: „Auf der Suche nach einem Gitarristen haben wir gehört, dass in Düsseldorf jemand war. Sehr jung, aber talentiert, und es hieß, er kann schon das halbe Buch von Peter Bursch auswendig spielen. Da wusste ich: Den muss ich anrufen.“ (dpa)