Duisburg. Einer der erfahrensten Städteplaner warnt vor den Folgen des FOC in Hamborn, sieht in den Shops aber „eine Riesenchance“ für Altstadt und Königstraße.

Dass Walter Brune kein Freund von Factory Outlet Centern ist, darüber hat er schon ganze Bücher geschrieben. Aber der renommierte Architekt und Städteplaner sagt auch, wie man es besser machen kann: „Verlegt das Outlet mitten in die Innenstadt, vom Innenhafenkanal durch die Altstadt über die Königstraße bis zum Bahnhof“, appelliert der 89-Jährige. Nur damit ließen sich der bestehende Einzelhandel und die Outlet-Shops so harmonisieren, dass sie gegenseitig voneinander profitieren können.

Walter Brune nennt Outlet-Pläne in Duisburg "totalen Schwachsinn"

Für „totalen Schwachsinn“ hält er dagegen die Pläne für das FOC in Hamborn. „Das ist tödlich für die Innenstadt, sie wird dadurch komplett leergesaugt“, glaubt Brune.

Was Duisburg dagegen auf dem ein Kilometer langen Verlauf mitten in der Stadt an Potenzial zu bieten habe, das sei „eine Lebensachse erster Güte für diese Stadt. Und je mehr ich mich damit beschäftige, desto begeisterter bin ich.“

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Aufmerksam wurde Brune, der über Jahrzehnte unzählige Einkaufshäuser und -galerien geplant und gebaut hat, durch ein Outlet-Konzept für die Altstadt, das Immobilien-Ökonomin Sabine Josten erarbeitet hat. Ein gemeinsamer Spaziergang habe ihm dann „die Augen geöffnet“, sagt Brune. „Allein diese Arkaden-Überdachung, welche Stadt hat schon so etwas? Die sollte man bis zur Altstadt verlängern.“

In den nächsten 10 bis 15 Jahren würden alle Einkaufsstraßen zu Outlet-Straßen

Und eben nicht nur die Altstadt, sondern auch die komplette Königstraße zu aktivieren, dass sei die „Riesenchance“ für Duisburg. Diese Achse biete die Möglichkeit mit einem Konzept in die Zukunft des Einzelhandels zu gehen, die ohnehin eintreten werde: „In den nächsten zehn bis 15 Jahren werden sich alle Einkaufsstraßen zu Outlet-Straßen wandeln“, sagt Brune. Schon heute würden sich Billig-Textiler wie Primark mitten in den Innenstädten wieder — und seien proppevoll. „Das Discount-Denken wird immer mehr in den Vordergrund treten. Der billige Preis ist eine Macht, die niemand aufhalten kann. Outlet-Shops sind daher keine Schande für die Königstraße.“

City-Outlet in Bad Münstereifel belebte historische Altstadt

Was Brune beschreibt, erinnert an das „City-Outlet“ in Bad Münstereifel, wo die Shops mitten in den Leerstand des historischen Städtchens gepackt wurden. „Bad Münstereifel hat es vorgemacht, andere werden es nachmachen“, sagt Brune.

Doch wie lässt sich das umsetzen, wo doch die Immobilien alle in privater Hand sind? „Es muss der Wille der Stadt dahinter stehen. Nur dieser Wille ist entscheidend“, so Brune. Eigentümer könnten sich zusammenschließen, Profis die Vermarktung übernehmen. „Auch Vermieter hätten ein Interesse daran, dass ihre Läden besetzt sind“, sagt Brune.

Und was ist eigentlich sein Interesse? „Ich will damit kein Geld verdienen, ich habe genug verdient“, sagt der 89-Jährige, der auch bei den FOC-Plänen in Remscheid beratend auftritt. „Ich bin Idealist. Und wenn ich hier geholfen habe, eine Stadt zu retten, dann ist das Verdienst genug für mich.“

Gutachten für das FOC in Hamborn noch immer nicht vollständig 

Indes droht sich das Fiasko rund um die Planungen des FOC in Hamborn erneut auszuweiten: Im Spätsommer hatte Planungsdezernent Carsten Tum noch angekündigt, in der November-Ratssitzung endlich einen entscheidenden Schritt weiter zu kommen. Dann sollte der Rat die Offenlage des Bebauungsplans beschließen. Am Mittwoch dann das Eingeständnis: Es sei „derzeit nicht absehbar“, ob die Sitzung im November erreicht werden könne, hieß es auf NRZ-Nachfrage aus dem Rathaus.

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Der Zeitplan, den die Stadt nach unzähligen Planungspannen und Verzögerungen mit den Projektentwicklern im September 2014 vereinbart hatte, hinkt jetzt schon fast wieder ein Jahr hinterher. Bisher ist man keinen Schritt weiter: Die Störfall- und Verkehrsgutachten liegen immer noch nicht vollständig vor. Aus dem Rathaus heißt es dazu: „Die Verwaltung ist weiterhin in intensiven Gesprächen mit dem Projektentwickler und den von ihm beauftragten Gutachtern.“

City-Outlet könnte Neustart für die Duisburger Altstadt sein 

Ein Factory-Outlet in der Altstadt statt im Norden der Stadt? Ja, geht denn so etwas überhaupt? Der Immobilienentwickler Manfred Stüdemann, seit Jahrzehnten bestens vertraut mit der Duisburger Immobilienlandschaft, ist davon überzeugt.

Er wiederholte nun seine Einschätzung von vor einem Jahr, in der er ein Umdenken bei den Planungen für ein Factory Outlet Center forderte. Das FOC am Standort Hamborn habe längst keine Aussicht auf Realisierung mehr, sagte Stüdemann im Gespräch mit der NRZ.

Zwei Fliegen, eine Klappe: Warum nicht mit einem Outlet-Center in der maroden  Altstadt einen stadtplanerischen Neuanfang organisieren?
Zwei Fliegen, eine Klappe: Warum nicht mit einem Outlet-Center in der maroden Altstadt einen stadtplanerischen Neuanfang organisieren? © Lars Heidrich

Aber unabhängig davon sei ein solches FOC ohnehin viel besser im Herzen der Stadt – in der Duisburger Altstadt – aufgehoben und könnte dort für ein Wiederaufblühen von Münz- und Beekstraße und anderen Straßen führen, die derzeit von Leerstand und Niedergang geprägt seien. Diese Idee ist zwar nicht neu. Vor Jahren schon hatte die niederheinische IHK diese Forderung erhoben und, mit etwas größerer Zurückhaltung, auch der Einzelhandelsverband Niederrhein so beschrieben.

Outlet in der Duisburger City braucht politischen Willen

Dass so etwas funktionieren kann, habe das Beispiel Bad Münstereifel gezeigt. Dort befinde sich das FOC inmitten des Städtchens, offenbar zur allgemeinen Zufriedenheit. Dort gebe es eine gegenseitige Befruchtung von Outlet, Handel und Gastronomie. Um aber ein Outlet in der Stadtmitte, in der Duisburger Altstadt, umzusetzen, so Stüdemann, braucht es zu allererst den politischen Willen dazu, und dann das planerische Instrument der „Sanierungs-Satzung“.

Dies sei ein „vertretbarer, enteignungsgleicher Eingriff in ein marodes Areal“, das Nutzungsrechte und Grundstückspreise festschreibe. Dies wäre zwar ein Eingriff in Eigentumsrechte. Aber es wäre ein Neustart für ein heruntergekommenes Quartier, mit einer großen Chance auf eine Wertverbesserung. Kein leichter Weg, so bekennt Stüdemann, aber einer, der die City voranbringen würde. Vielleicht sogar auch die bizarre Dauer-Brache an der Steinschen Gasse.