Duisburg. Ein Großteil der Bußgelder, die die Stadt von ausländischen Fahrern kassieren will, wird nicht in Duisburgs Stadtkasse verbucht. Wo das Geld stattdessen landet.
Lange hat es gedauert, jetzt tut sich endlich etwas: Stadt und Politik wollen für Lkw in Duisburg Hauptverkehrswege festschreiben, also auch im Westen. Die so genannten Vorrangrouten sollen die Brummi-Fahrer“ künftig über ihr Navigationsgerät im Lkw-Cockpit abrufen können. Diese Wege will die Bezirksvertretung Rheinhausen in ihrer Sitzung am kommenden Donnerstag beschließen. So hofft man, auch die steigende Zahl von Lkw auf Ab-, Um und Schleichwegen in den Griff zu bekommen.
Ab Herbst Fotofallen auf der B 288
Um Durchfahrtverbote und Geschwindigkeitsüberschreitungen der Lkw besser erfassen zu können, sollen ab Herbst „Fotofallen“ auf der B 288 im Süden und der Friedrich-Ebert-Straße tief im Westen installiert werden. Lkw-Fahrer, die das Durchfahrtverbot missachten, mussten schon bisher 75 bis 150 Euro berappen. Doch nicht immer gelingt es, den Fahrer zu ermitteln. Und wenn, landen eingezogene Bußgelder nicht zwangsläufig in der Stadtkasse.
Das zeigte eine Nachfrage bei der Stadt: Auf welchem Weg werden die Bußgelder eingetrieben. Eine Sprecherin sagte über das übliche Procedere bei Geschwindigkeitsüberschreitungen: „Die Bearbeitung läuft über die Bußgeldstelle des Ordnungsamtes. Die Lkw-Vergehen werden von der Polizei ausgewertet und dann gegebenenfalls der Bußgeldstelle des Ordnungsamtes übermittelt.“
Bundesjustizministerium ermittelt
Bei ausländischen Fahrern, besonders aus Osteuropa, gestalte sich das Verfahren allerdings oft schwierig, räumte die Sprecherin ein. In nicht wenigen Fällen müsse man darauf verzichten, die Gelder einzutreiben: „Bei den Lkw-Fahrern handelt es sich zum Großteil um ausländische Fahrer. Halterdaten der ausländischen Firmen werden durch die Bußgeldstelle beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) abgefragt. Liegen die Halterdaten vor, wird die ausländische Spedition angeschrieben, um Auskunft über die Fahrerdaten zu erhalten. Wenn diese antwortet, kann gegen den ebenfalls im Ausland wohnenden Fahrer ein Bußgeldbescheid erlassen werden.“
So weit so gut, aber an dieser Stelle wird das Verfahren richtig kompliziert, denn: „Sollten auf Grund des Bußgeldbescheides keine Zahlungen erfolgen, müssten die Forderungen im Ausland vollstreckt werden.“ Zuständig sei in diesem Fall das Bundesjustizministerium, das die Wohnortgemeinde des Zahlungspflichtigen um Zwangsbeitreibung der Bußgeldforderung ersuche. „Letztlich ist bei der Auslandsvollstreckung zu beachten, dass die Einnahmen einer erfolgreichen Vollstreckung im Vollstreckungsland verbleiben“.
Einfacher gesagt: „Die Stadtverwaltung gibt die Vollstreckung an das Bundesjustizministerium ab, das dann die Wohnortgemeinde des Zahlungspflichtigen um Zwangsbeitreibung der Bußgeldforderung ersucht. Wir erhalten Rückmeldung, dass die Vollstreckung ans Ausland abgegeben wurde“.
Heimatstadt des Verkehrssünders zieht das Bußgeld ein
Und wie geht es dann weiter? „Ob tatsächlich vollstreckt wurde, erfahren wir nicht. Allerdings hat die Vollstreckung natürlich einen „Reiz“ für die jeweiligen Länder, da das Geld dann dort bleibt“, so die Sprecherin. Mit anderen Worten: Wenn ein türkischer, rumänischer oder bulgarischer Lkw-Fahrer in Rheinhausen Geschwindigkeitsgebote oder Durchfahrtverbote missachtet, ist die Heimatgemeinde des Fahrers der lachende Dritte. Denn allein die Heimatstadt des Brummi-Lenkers zieht das von der Stadt Duisburg verhängte Bußgeld ein. In die hiesige Stadtkasse fließt in diesen Fällen nicht ein Cent.
Dass diese Fälle nicht selten sind, ergibt sich aus einer weiteren Antwort der Stadt: „Zur Tendenz, wie viel Prozent der Bußgelder bei einem Durchfahrtverbot in die Stadtkasse fließen, können wir die Erfahrungen bei der Kontrolle der Lkw auf der A 40 heranziehen. Es zeigte sich, dass rund 85 Prozent der Lkw-Fahrer aus dem Ausland kamen und der größte Teil der Bußgelder nicht der Stadtkasse zu Gute kam.“ Für den Blitzer-Standort in Rheinhausen gab die Stadt keine Prognose ab. Rheinhauser wie die Bürgerinitiative „Umweltgruppe West“ fordern, die Polizei solle direkt bei den Fahrern abkassieren.
6000 bis 7000 Lkw-Fahrten täglich
Die Sprecherin verwies auf Erfahrungen mit der „Fotofalle“ auf der Rheinbrücke der A40 zwischen Homberg und Neuenkamp: „Im Mai passierten 959.686 Kraftfahrzeuge die Meßstelle. Dabei gab es 3.637 ahndungsfähige Überschreitungen. Die Einnahmen liegen geschätzt bei knapp 168.000 Euro. Die Überschreitungsquote lag bei 0,38 Prozent Im Juni passierten 992.046 Kraftfahrzeuge die Meßstelle. Dabei gab es 3.180 Überschreitungen mit geschätzt 146.000 Euro Einnahmen. Die Überschreitungsquote lag bei 0,32 Prozent.“ Die Stadt nahm allein 2011 rund 1,2 Millionen Euro Buß- und Verwarnungsgelder ein.
Legt man diese Zahlen zugrunde, haben sich die 145.000 Euro für den Kauf der Blitzanlage auf der Rheinbrücke längst amortisiert. Danach müssten sich auch die Kosten für die baugleiche „Fotofalle“ auf der Friedrich-Ebert-Straße schnell rentieren. Unbestritten ist bisher nur, was die „Umweltgruppe-West“ festgestellt hat: Allein durch Rheinhausen gehen täglich rund 6.000 bis 7.000 Lkw-Fahrten von und zu Logport 1 und 3. Mehr als 500 davon führen durch Wohngebiete.
Stadt Duisburg will Lkw-Fahrten auf wenige Routen konzentrieren
Duisburgs Planer wollen den Lkw-Verkehr auf eine überschaubare Zahl von Hauptverkehrsstraßen konzentrieren über die Navigationsgeräte im Führerhaus der Lastkraftwagen. Über die ausgewählten Hauptverkehrsstraßen, die die Verwaltung „Vorrangrouten“ nennt, entscheiden Bezirksvertretungen und Stadtrat bei ihren nächsten Sitzungen. Mit diesem Konzept will die Stadt Wohngebiete, aber auch die städtischen Straßen, entlasten.
Alle Gewerbegebiete und wichtige Lkw-Ziele wie Logport 1 bis 3, Häfen und Industrieunternehmen sollen so effektiv wie möglich an das Autobahnnetz angebunden werden, so steht es in der Verwaltungsvorlage für die Kommunalpolitik. Gezielt haben die Planer „die geeignetsten“, nicht die kürzesten Routen ausgewählt. So wurden auch Brückenhöhen, Gewichts- und Geschwindigkeitsbegrenzungen bei der Auswahl berücksichtigt.