Künstler erzählen – aus der Vergangenheit und der Gegenwart ihrer riesig großen Heimat China. In neun Ausstellungen in acht Städten des Ruhrgebiets kann man ihnen zuhören. In Duisburg gleich doppelt. Während im Museum Küppersmühle zeitgenössische Malerei zu sehen ist, stellt das Lehmbruck-Museum unter dem Titel „Neue Figuration – Erzählende Skulptur“ aus. In Zusammenarbeit mit dem Lehmbruck-Museum können WAZ-Leser Kombi-Karten für den Besuch aller Ausstellungen gewinnen.

Chinesische Künstler bauen gern auf Steine: Diesen Eindruck kann man jedenfalls im Lehmbruck-Museum gewinnen. Was sie mit ihren Skulpturen erzählen, macht – bei aller Ästhetik der Arbeiten – oft sehr nachdenklich. So schafft die 1963 in Peking geborene Jian Jie ein äußerlich sehr „rosiges“ Bild in ihrer Arbeit „Pink Utopia“. Sie arbeitet mit Dachziegeln, die sie in rosa Seidenbeutel verpackt, um die rosa Schleifen gebunden sind. So verpackt, sind die Steine auf dem Boden ausgebreitet, vermitteln aber keine „rosige“ Botschaft. Zum einen ist Jian Jies Ausgangspunkt die Zerstörung historischer Wohnviertel in Peking; eigentlich fordert sie die Besucher sogar auf, diese Ziegel zu be- und zertreten, was im Museum verboten bleibt. Noch eine zweite, fast übersehbare Gesellschaftskritik übt das Werk. Einige wenige Seidenbeutel sind hellblau. Das Verhältnis rosa und hellblau steht für das Verhältnis von Abtreibungen weiblicher und männlicher Föten, Folge der rigorosen Bevölkerungspolitik in China.

Um Zerstörung geht es auch in den mehrteiligen Skulpturen von Shi Jinsong (Jahrgang 1969). Aus den Resten abgerissener alter Gebäude werden raumgreifende Installationen, die wie Relikte zerstörter, verlassener Dörfer wirken und dabei Ruhe und Melancholie ausstrahlen. Dies sind nicht die idealisierten Landschaften, die man aus der traditionellen chinesischen Malerei kennt. Der Baum, der aus diesen Ruinen wächst, ist absolut kahl und tot. Seine Nadeln sind Holzstäbchen, die in gebohrte Löcher gesteckt worden sind.

Mit sehr vielen und sehr kleinen „Steinen“ arbeitet Fang Lijun (Jahrgang 1963). Seine Skulpturen bestehen aus Keramik-„Ziegeln“, aus denen er sehr brüchig wirkende, zum Teil auch einstürzende Türme baut, die an Tempel erinnern. Die überwiegend weißen Skulpturen sind zurückhaltend koloriert. Wählt er rot, denkt man zunächst an Blut, die Farbe kann aber auf die berühmte „Mao-Bibel“ hindeuten.

Steine sind auch ein Thema von Zhang Wang (Jahrgang 1962). Er schafft sie künstlich und kunstvoll aus Edelstahl. Seine „Artificial Stones“ erzählen nicht, sie handeln vom Verhältnis von Kunst und Natur. Er bildet große zerklüftete Gesteinsformationen in Aluminium nach. Damit behält er zwar die Form, verändert aber alles, was man mit Stein verbindet. Seine „Steine“ sind so leicht, dass sie bei Zhans Aktionen sogar aufs Wasser gesetzt werden und dort treiben – und ihre Oberfläche spiegelt die Umgebung und damit auch den Betrachter.