Ruhrgebiet. . Immer öfter kommt es laut der Polizeigewerkschaft GdP zu Angriffen auf Polizisten. Die GdP warnt vor einem Abrutschen ganzer Stadtteile im Ruhrgebiet.

Es beginnt mit einem ganz gewöhnlichem Polizeieinsatz, einer Unfallaufnahme. Es endet damit, dass eine Polizistin geschubst und geschlagen zu Boden geht, dass ihr Kollege verunsichert zu seiner Waffe greift. Rundum, so heißt es in dem Polizeibericht, stehen rund einhundert Leute. Etwa 15 von ihnen seien drohend auf die Beamten zugekommen – bis endlich zehn weitere Streifenwagen eintrafen. Ein Zwischenfall um eine libanesische Großfamilie in Duisburg-Marxloh. Einer, der sich ähnlich auch in Essen, Dortmund oder Köln hätte zutragen können.

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„Wir dürfen kriminellen Gruppierungen nicht die Straße überlassen“

Doch der Vorfall vom Montag weckt Befürchtungen, Ängste. Von „rechtsfreien Räumen in Duisburg-Marxloh“ spricht der vor Tagen in den Bundestag nachgerückte Duisburger Bürgermeister Volker Mosblech (CDU). Und Arnold Plickert, der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), warnt: „Wir dürfen kriminellen Gruppierungen nicht die Straße überlassen, sonst werden ganze Stadtteile weiter abrutschen und mit ihnen die dort lebenden Menschen.“

Jede Woche gebe es auch in anderen NRW-Städten Situationen, in denen Polizisten ohne erkennbaren Grund von einer größeren Menschenmenge bedroht und angegriffen werden. Sorge bereite vor allem das Vordringen libanesischer Großfamilien in den Problemvierteln. Deshalb fordere die GdP für diese Quartiere Mindestbesetzungen in den Polizeiwachen, die nicht unterschritten werden dürfen.

Dass es solche Situationen in ihren Städten immer wieder gibt und nicht erst seit gestern, stellt auch die Polizei vor Ort nicht in Frage. „Wir erleben in diesen Wochen wieder einmal, dass sich bei Polizeieinsätzen, auch aus banalen Anlässen, schnell größere Menschenmengen sammeln. Diese Einsätze bewältigen wir regelmäßig, in dem wir mehrere Streifenwagen zusammenziehen. Das hindert die Polizei aber nicht, ihre Aufgaben in allen Stadtteilen wahrzunehmen“, beteuert Duisburgs Polizeipräsidentin Elke Bartels am Dienstag gegenüber unserer Redaktion.

Attacken auf Beamte nehmen zu

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Tatsächlich hat auch in Duisburg die Gewaltbereitschaft vieler Täter zugenommen. Wurden hier im Jahr 2013 noch 209 Attacken auf Polizeibeamte registriert, waren es im Vorjahr schon 249. Zahlreiche Beamte verletzten sich dabei so schwer, dass sie nicht mehr dienstfähig waren.

So hatte erst Anfang Juni ein 15-Jähriger, der mit seinem Bruder beim Einbruch in einen Kindergarten ertappt wurde, die Polizisten mit einer Holzlatte angegriffen. Im Stadtteil Beeck kam es gleich zweimal bei der Aufnahme eines Verkehrsunfalls zu Menschenaufläufen, die erst durch den Einsatz von zehn Streifenwagen-Teams aufgelöst werden konnten. Und in der Vorwoche standen sich nach einem Streit in einer Kneipe in Marxloh zwei jeweils rund 50-köpfige Gruppen gegenüber. Mit einem Großaufgebot trennte die Polizei die rivalisierenden Gruppen – und wurde dabei von beiden Seiten selbst angegriffen.

„Gefährlicher Ort“ in Essen

Auch in Essen kennen Polizisten solche Einsätze zur Genüge. Schon 2008 beschrieb Sprecher Ulrich Fassbender drei Dutzend Straßen der nördlichen Innenstadt als „gefährlichen Ort“. Teestuben, orientalische Cafés, Telefonshops. Teil der Infrastruktur der libanesischen Gemeinde in Essen, die etwa 5000 Mitglieder zählte.

„Sie akzeptieren unsere Gesetze nicht und keine Polizisten!“, sagt Fassbender auch heute noch. Das seien Familienclans, die sich blitzschnell per Handy zusammentelefonierten. Inzwischen habe sich diese Szenerie von der Innenstadt auf den Nordwesten Essens ausgebreitet. Fassbender: „Aber wir reagieren! Wir ziehen schnellstmöglich viele Kräfte zusammen. Und das ist uns bislang noch immer gelungen.“