Duisburg. . Günter Wallraff erinnerte in Duisburg an seine Undercover-Recherche vor 30 Jahren bei Thyssen und diskutierte mit Gewerkschaftern über die aktuelle Situation.

Vor 30 Jahren stieg Günter Wallraff in den Stahlkessel von Thyssen und schlug dort die Schlacke ab. Sein damaliger Bericht, den er als Buch und Film veröffentlichte, sorgte für einen Aufschrei in der Bundesrepublik. Noch immer ist der Enthüllungsreporter aktiv und brachte erst kürzlich in seiner RTL-Reihe „Team Wallraff“ mit Berichten über Missstände in Großküchen auch Duisburg in die Schlagzeilen (wir berichteten). Bei einer Veranstaltung der IG Bauen-Agrar-Umwelt erinnerte der 72-Jährige in der Hamborner Abtei an seine Zeit bei Thyssen und wies nachdrücklich auf das Schicksal damaliger Kollegen hin, die noch unter den Folgen der gesundheitsschädigenden Arbeit zu leiden haben. Wallraff diskutierte mit Mitgliedern der IG BAU und wollte wissen: Was hat sich in den vergangenen Jahren beim Arbeitsschutz getan?

Wallraff zeigt Film-Ausschnitte

„Ganz unten“ war er als „Ali“ – unter anderem als Industriereiniger bei Thyssen. Vor allem die Folgen seien ihm in bester Erinnerung geblieben. „Vor meinen Recherchen bin ich Marathon gelaufen“, sagte Wallraff und fügte hinzu: „Da ich starke Gifte eingeatmet hatte, war es mir danach für einige Zeit kaum mehr möglich, 20 Minuten an einem Stück zu joggen“, erzählt er den zahlreichen Zuhörern. Mit Ausschnitten aus dem Film und durch einige Passagen aus dem Buch ließ Wallraff die Gäste an seinen Erfahrungen teilhaben.

Er gab sich typisch kämpferisch, bekundete auch Solidarität mit den heutigen Arbeitern („Ich fühle mich ihnen verbunden“) und betonte: „Die Zustände von damals dürfen sich nicht wiederholen.“ Dietmar Schäfers, Vize-Bundesvorsitzende der IG BAU, berichtete, dass er sich seit langem mit den Arbeitsbedingungen in der Industrie – etwa bei der Reinigung, in der auch Wallraff arbeitete – auseinandersetze. Es habe sich für die Mitarbeiter hinsichtlich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes viel verbessert – auch dank Unterstützung der IG BAU.

Wallraffs Buch war ein großer Erfolg

Mitglieder der Betriebsräte aus der Duisburger Industriereinigung berichteten, dass Schutzmaßnahmen heute viel besser seien und die Arbeitszeiten nicht mit den damals quälend langen Tagen von „Ali“ alias Wallraff zu vergleichen seien. Dennoch müsse man sich weiter für die Arbeiter einsetzen und stark machen.

Vor und auch nach der Veranstaltung nahm sich Wallraff Zeit für Autogramme und persönliche Gespräche mit den Arbeitern.

Ab 1983 arbeitete Wallraff zwei Jahre lang als türkischer Gastarbeiter „Ali Levent Sinirlioglu“ bei verschiedenen Unternehmen, unter anderem bei McDonald’s und Thyssen. Außerdem nahm er an klinischen Studien im Bereich der Pharmaforschung teil. Seine eindrucksvollen Erfahrungen beschrieb er im Buch „Ganz unten“. Das Buch wurde in Deutschland über fünf Millionen Mal verkauft und erschien in 38 Übersetzungen.