Nicola Grimm zieht den Bauer nach vorn von D2 auf D4, kurz darauf den Läufer diagonal von C1 auf F4. Mit dieser Eröffnung fernab vom Standardschach hat 15-Jährige schon so manche Gegnerin am Ende matt gesetzt – etwa Anfang des Jahres, als die junge Duisburgerin den Titel bei den Niederrheinmeisterschaften in ihrer Altersklasse holt. An diesem späten Nachmittag sitzt ihr beim Training Schwester Julia (18) in einem Raum der Awo-Familienbildungsstätte in Wanheimort gegenüber. Seit 2013 spielen dort die „Schachfreunde Brett vor’m Kopp“, die seit der Gründung vor mehr als 25 Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung genommen haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen haben sie ihre Mitgliederzahl kontinuierlich gesteigert, sich zum größten Duisburger Schachverein gemausert – und keine Nachwuchssorgen.

Grundschulturniere

Schach rockt – findet Frank Junicke und trägt den Slogan deshalb demonstrativ auf seinem roten T-Shirt. Er hat 1988 mit sechs weiteren Studenten und Hobbyspielern den Verein gegründet und den selbstironischen Namen vorgeschlagen. „Brett vor’m Kopp fanden alle sofort gut. Am meisten haben wir damals darüber gestritten, ob wir uns Schachfreunde nennen sollen...“, erzählt Junicke, damals wie heute Vorsitzender des Vereins, mit einem Augenzwinkern.

Aus anfangs sieben sind mittlerweile fast 80 Mitglieder geworden, davon immerhin mehr als 30 unter 18 Jahren. „Seit 1998 versuchen wir über unsere Grundschulturniere, Kinder fürs Schachspielen zu begeistern. Wir wollen dadurch in erster Linie gar nicht mehr Mitglieder gewinnen. Das passiert aber durch die Öffentlichkeitswirkung dieser Turniere“, erklärt Trainer Heiko Grimm einen Teil des Erfolgsrezepts.

So haben über die Jahre immer mehr Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene den Weg zu den Schachfreunden gefunden. „Außerdem haben wir genügend zuverlässige Menschen, die sich kümmern. Trainer, Betreuer und weitere Helfer, die unsere jungen Schachspieler auch mal zu Turnieren fahren“, sagt der Vater von Julia und Nicola nicht ohne Stolz.

Andere Mädchen reiten oder tanzen – seine beiden Töchter lieben Schach, das variantenreiche Spiel und die spezielle Atmosphäre auf Turnieren. „Diese Stille, da kann man eine Stecknadel fallen hören“, sagt Julia, die gleichzeitig auch im Vorstand der Schachjugend NRW aktiv ist. „Das ist uns auch wichtig. Dass wir unsere Jugendlichen nicht nur für Schach allein, sondern für die Arbeit im Verein und darüber hinaus begeistern“, sagt Heiko Grimm, der auch seine Frau und seine beiden Söhne zu den Schachfreunden gelotst hat.

Die suchen trotz der positiven Mitgliederentwicklung weiterhin neben dem klassischen Hobby- auch erfahrene Vereinsspieler – jung und alt. „Wir legen Wert auf die Gemeinschaft, das Miteinander. Sympathisch sollte man deshalb vor allem sein und nicht übertrieben ehrgeizig“, sagt Junicke und grinst. „Schachspieler können nämlich auch ganz schön anstrengend sein.“

Oder tatsächlich ein Brett vorm Kopp haben...