Die Geschichte einer 65-jährigen Frau, die schwanger ist mit Vierlingen, ging in der vergangenen Woche durch die Medien. Die dreizehnfache Mutter hat sich in der Ukraine mit einer Eizellenspende befruchten zu lassen. Dieses Verfahren ist in Deutschland verboten. Die WAZ sprach darüber jetzt mit Teilnehmern eines gynäkologischen Kongresses im Landhaus Milser in Huckingen.

130 Gynäkologen, Kinderärzte und Hebammen diskutierten dort bei einem PPP-Symposium Themen der Geburtshilfe. Die drei Buchstaben stehen für prä-, peri- und postnatal, also für die Behandlung einer schwangeren Frau vor, während und nach der Geburt. „Je größer die Zusammenarbeit ist, desto mehr profitieren davon die schwangeren Frauen“, sagt Prof. Dr. Markus Schmidt, Chefarzt der Wedau-Kliniken.

Wie beurteilt ein Mediziner, in dessen Klinik es pro Jahr rund 1500 Geburten gibt, die Mehrlingsschwangerschaft einer 65-jährigen? „Die Frau bringt sich in höchste Gefahr. Eine Geburt mit Vierlingen ist ohnehin schwierig, aber in dem Alter ist das Risiko extrem hoch“, so Schmidt. Für ihn sind Geburten spätestens ab 50 Jahren „nicht mehr vertretbar“.

Die älteste Schwangere, die Schmidt je behandelt hat, war Anfang 50 und ist künstlich befruchtet worden. Bei ihr ist aber alles gut gegangen, berichtet er.

Thomas Gehl ist Vorsitzender des Berufsverbandes der Frauenärzte in Duisburg. Er sieht den Fall ähnlich wie Prof. Markus Schmidt: „Das ist ein Experiment seitens der Mutter und des Arztes: katastrophal, unverständlich und von keiner Seite vertretbar. Hier geht es um Aufmerksamkeit. Sowohl die Kinder als auch die Mutter werden in Lebensgefahr schweben.“ Gehl verweist auf die Verantwortung des Arztes: Die werde im Fall der 65-Jährigen vernachlässigt.

Ein Thema des Symposiums war der wichtige medizinische Fortschritt NIPD (nicht-invasive pränatale Diagnostik). Mit dieser Methode können Ärzte über einen Bluttest Auffälligkeiten beim Ungeborenen festzustellen, etwa das Down-Syndrom. Die ethische Dimension dieses Verfahrens jedoch wird unter Ärzten kontrovers diskutiert.

Immer präziser werden zudem Ultraschall-Untersuchungen. Dank 3D- und 4D-Technik können Fehlbildungen, etwa Herzfehler, schon früh erkannt werden. So können Kinderherzchirurgen schon frühzeitig eingebunden werden.

„Medizin heute und vor 20 Jahren kann man gar nicht vergleichen“, fasst Produktberaterin Bettina Neuhoff den Technikfortschritt zusammen. Der Umgang damit bleibt, wie der Fall der 65-jährigen zeigt, allerdings vielfach umstritten.