Die Spannung war groß bei den Freunden der „Familie Flöz“, die am Freitag im gut besuchten Stadttheater die Duisburg-Premiere der Produktion „Haydi!“ erleben wollten. Ein Stück, das (fast) ohne die melancholisch-grotesken Masken auskommt, die ja ein Markenzeichen von „Familie Flöz“ sind – neben ihrer Sprachlosigkeit, ihrem ganz besonderen Humor und ihrer poetischen Kraft. Doch am Ende waren es nicht die Masken, die man vermisste. Es knirschte dramaturgisch, und es gab einen harten Aufprall zweier Welten, die so nicht zusammen funktionieren. Schmerzlich treffen aufeinander tieftraurige Bilder von Kälte, Hunger, Armut, Tod und belangloser Slapstick, der im Grunde ein einziger gespielter Beamtenwitz war. Das große Thema ist das weltweite Flüchtlingsdrama.
Die Geschichte einer Flucht wird als Zeichentrick-Film erzählt, der ans Herz geht: Es sind arme Leute, die in einer Hütte in den schneebedeckten Bergen kaum zu essen haben. Die Eltern lassen auf der Suche nach einem besseren Leben ihr Kind zurück beim Großvater; als er stirbt, folgt das Mädchen allein den Eltern.
Einen plagt das Gewissen
Unterdessen vertreiben sich die Wächter eines Flüchtlingslagers ihre Langeweile mit Späßchen. Szenenwechsel: Vor dem eisernen Tor des Lagers stirbt die erschöpfte Flüchtlingsfrau, zurück bleibt ein roter Schal, der in einer Akte landet.
Szenenwechsel. Morgens in einer Amtsstube in Europa, in der sich französische, schweizerdeutsche, italienische und niederländische Sprachmelodien treffen. Und Beamte, die die Akte (mit dem roten Schal) hin- und herschieben, Kaffee trinken, in die Kantine gehen, ihre Hierarchie-Spielchen auskosten. Diese Slapstick-Choreographie mit Stühlen und Tabletts, mit Pritt-Stift und einem sensiblen Kopierer kostet das dreiköpfige Ensemble aus Hajo Schüler, Björn Leese und Andrés Angulo lustvoll aus. Die alte Büro-Zicke hängt die Weihnachtsdeko auf, der Abteilungs-Dummkopf niest ins Taschentuch und will doch nur, dass man ihn lieb hat, und der eitle Chef tut sich vor allem wichtig. Das ist lustig. Dazwischen wird immer wieder schroff gewechselt zum düsteren Flüchtlingslager mit stählernem Tor, Stacheldraht und dramatischer Klangkulisse.
Nur einen Beamten verfolgt das Flüchtlingsschicksal bis in den Schlaf, ihn plagt das Gewissen, er sieht hinter der Akte Menschen und kämpft, scheitert aber natürlich an der Kälte und Ignoranz der Bürokratie. Am Ende noch einmal das Spiel mit der Puppe, die mit leeren Augen ins Publikum blickt, bevor sie zusammensackt.
Nach etwa 75 Minuten gibt es kräftigen, kurzen Beifall für eine Produktion, die noch einen gemeinsamen Nenner finden muss, um zu überzeugen.