Duisburg.. Die Stadt Duisburg will einen 200 Millionen Euro Kredit aufnehmen, um dem Stadtkonzern DVV mit seinen Stadtwerken aus der Krise zu helfen.

Die Stadt Duisburg will ei­nen Kredit von 200 Millionen Euro aufnehmen, um seinem Stadtkonzern DVV, zu dem die Stadtwerke und das Nahverkehrsunternehmen DVG gehören, aus der schwersten Krise seiner Geschichte zu helfen. Diese enorme Summe soll als Kapitalerhöhung in die Stadttochter DVV fließen, die ihrerseits bis 2018/19 ein radikales Sparpaket im Volumen von 45 Millionen Euro umsetzen will, um wieder schwarze Zahlen zu schreiben. „Das ist in der Dimension das größte Problem meiner Amtszeit“, sagte am Mittwoch der 2012 gewählte SPD-Oberbürgermeister Sören Link.

Die Energiewende hat die Duisburger Stadtwerke in höchste Nöte gebracht. Sie schreiben mit ihren Kraftwerken Millionenverluste. Dadurch fehlt dem Konzern die Gewinnverrechnung mit den Defiziten des Nahverkehrs, dessen Kosten und Investitionsbedarf in den nächsten Jahren noch gewaltig ansteigen.

Betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen

Der Stadtkonzern hat einen 80 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog erarbeitet. Dazu zählt, dass eines der beiden Heizkraftwerke bis 2017 stillgelegt werden soll. Über 600 der 4500 DVV-Stellen sind von den Sparpaket u.a. durch Versetzungen oder Outsourcing betroffen. Die Stadtholding will sogar betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausschließen

Oberbürgermeister Sören Link gab zu, dass er bei der Summe von 200 Millionen Euro selbst habe „schlucken“ müssen. Die Kreditaufnahme scheint der Stadt aber der einzig gangbare Weg, der eigenen Tochter zu helfen. Dazu muss der Rat jetzt einen Nachtragshaushalt beschließen. Mittwochabend wurde die Politik informiert, es laufen bereits intensive Gespräche mit der Düsseldorfer Finanzaufsicht, die die riesige Kreditaufnahme genehmigen muss. Link zeigte sich zuversichtlich, dass dies geschieht. Auch weil der Behörde klar sein müsste, dass die Stadtwerke-Probleme nicht hausgemacht, sondern Folge der Energiewende sind.

Finanzspritze ist für Sören Link "alternativlos"

Dass die Stadt ihrer Tochter mit dem Kredit zur Verbesserung der schwachen Eigenkapitalquote unter die Arme greift, ist für Link „alternativlos“ und die Kreditaufnahme der scheinbare Königsweg. Eine Variante wäre, die kommenden Jahre die befürchteten Verluste der DVV zu übernehmen - die zweistelligen Millionensummen würden allerdings den Sparhaushalt auseinanderfliegen lassen. Mit dem Kredit müsste die Stadt zunächst nur die jährliche Zinslast von einigen Millionen einbuchen.

„Wenn wir nichts tun, würde das sündhaft teuer für uns“, so Link. Klar sei aber die „Erwartungshaltung“ der Stadt, dass die DVV so bald wie möglich mit neuen Gewinnen die Zinslast und Tilgung des Kredites übernimmt.

Radikale Einschnitte bei der DVV

Bis dahin steht der DVV-Konzern vor radikalen Einschnitten, die noch weit dramatischer sind als im ersten „Re-Power“ Programm für die Jahre 2013 und 2014, das die Unternehmenszahlen um 30 Millionen Euro verbesserte. Jetzt sind sogar 45 Millionen Euro bis Ende 2018, Anfang 2019 anvisiert, um die Unternehmen, so DVV-Chef Marcus Wittig, wieder in schwarze Zahlen zu bringen und „für die Zukunft robuster aufzustellen“.

Kommende Woche wird „Re-Power II“ dem Aufsichtsrat vorgestellt. Schon bekannt ist, dass das Kraftwerk in Hochfeld bis Ende 2017 aufgegeben wird; befristete Stellen werden nicht mehr besetzt, der Sicherheitsdienst der „schwarzen Sheriffs“ bei der DVG eingestellt. Doch der Umbauprozess beim Konzern geht weiter. So soll geprüft werden, ob das Forderungsmanagement ausstehender Rechnungen an Dritte vergeben wird, ebenso wie das Abrechnungswesen im Volumen von 500 000 Belegen im Jahr.

Den Blick hat das Unternehmen auch auf den beträchtlichen Kreis der Mitarbeiter, die unter die neue 63-er Rentenregelung fallen. Betroffen von dem kompletten Maßnahmenkatalog sind insgesamt 624 Mitarbeiter: „Ich kann nicht versprechen, dass wir allen Beschäftigten interne oder externe Arbeitsplätze anbieten können“, muss DVV-Konzern-Chef Marcus Wittig einräumen.

Gigantische Summe baut auf die Zukunft - Ein Kommentar von Oliver Schmeer

Die Summe ist gigantisch 200 Millionen Euro! Zum Vergleich: Bisher hat die Stadt für 2015 gerade mal 18 Millionen Euro für Investitionskredite vorgesehen, insgesamt sind es 400 Mio Euro, die in den Büchern stehen. Die Mutter springt also der Tochter mit enormer Hilfe bei. Das ist freilich keine sentimentale Mutterliebe, sondern gehorcht der Not, dass die Stadt auf die Stadtwerke angewiesen ist. Sie müssen wieder Gewinne schreiben, sollen Bus & Bahn mit ihren zig Millionen Euro Dauerverlusten weiter rollen.

Die Finanzspritze holt auch nach, dass Stadtwerke und DVG über Jahre an der kurzen finanziellen Leine der klammen Stadt waren und dringend frisches Geld braucht. Und sie baut auf die Forderung, dass der Stadtkonzern sich jetzt weiter selbst saniert, sich notgedrungen auf die schwierigen Bedingungen der Energiewende einstellt. Das werden harte Einschnitte, nicht nur weil ein Kraftwerk aufgeben wird. Denn was früher undenkbar schien, ist jetzt nicht mehr ausgeschlossen: Entlassungen.