Das Gerücht verbreitet sich unter den Duisburger Baumschützern wie ein Lauffeuer: In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wolle die Stadt die Platanen an der Mercatorstraße abholzen. Daher versammeln sich bereits nachts einige Protestler unter den Bäumen. Sie warten nicht vergebens, doch erst am Dienstagmorgen um 7.45 Uhr sägen Arbeiter die ersten Äste mit einem Fällkran ab. Dessen Lärm kann die Trillerpfeifen und die wütenden Rufe nicht vollends übertönen. Längst verstummt sind allerdings skandierte Parolen und Widerstandslieder.

Denn die Stadt macht Ernst, eine Hundertschaft der Polizei steht bereit. Erst sie ermöglicht, dass die Kettensägen kreisen. Die Polizisten haben dem Kran geholfen, die Platanen zu erreichen und schreiten zudem ein, als Bürger versuchen, die Sperrzäune zu durchbrechen.

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Als die Sägen kreischen und die Bäume ein letztes Mal im Greifer des Fällkrans knirschen und knacken, brechen einige Naturfreunde in Tränen aus. Andere schleudern den Beamten wüste Flüche entgegen. „Ich bin sauer, stocksauer auf die Politik! Die Bäume sind doch unser Leben“, schluchzt Hans-Theoder Schulte mit nassen Augen. „Ich bin fassungslos“, ergänzt Mitstreiterin Jutta Botschon (56). „Doch das ermutigt mich, mich weiter politisch zu engagieren.“ Auch bei Helena Hasencox (32) sitzt die Enttäuschung tief. „Wir wollten ja nur gehört werden. Dass sich jemand dafür interessiert, was sich die Bürger dieser Stadt wünschen.“

Zwei Bäume bleiben zunächst stehen

Eine Sitzblockade der Mercator-straße sowie vereinzeltes Durchbrechen des Bauzaunes ist der letzte trotzige Widerstand neben dem späteren Marsch zum Rathaus.

Die Grünen hingegen nutzen den Protest bereits für frühzeitigen Wahlkampf. Ratsfrau Claudia Leiße bewertet die gesamte Aktion als „reine Machtdemonstration des Oberbürgermeisters“. Sie will weiterhin Unterschriften für den Erhalt der Platanen sammeln. „Wenn auch nur ein Baum verschont wird und das Bürgerbegehren Erfolg hat, dann muss er stehen bleiben. Wir kämpfen weiter um jeden einzelnen Baum.“

Immerhin: Einen einzigen erfolgreichen Platanenretter gibt es. Eine Rabenkrähe hat in einem Baum ein Nest gebaut. Er wird zunächst nicht gefällt. Auch der mit ihm verwachsene Nachbarbaum bleibt nach Rücksprache mit der Bezirksregierung erst einmal stehen. Jetzt wartet die Stadt ab, ob die Rabenkrähe tatsächlich dort nistet oder sich ein anderes Plätzchen sucht.

Die Leitungsarbeiten an der Mercatorstraße würden sich laut Stadtsprecherin Anja Kopka durch den Vogel jedoch nicht verzögern, schließlich müssten die Bäume samt Wurzeln nicht gesund erhalten bleiben. Hätte dagegen die Stadt das Fällen verzögert, würden erhebliche Kosten entstehen. So seien einzelne Baumaßnahmen im Bahnhofsumfeld, die teils im Sommer beginnen sollen, miteinander verknüpft. Die Bezirksregierung folgt der Einschätzung, dass verspätete Bauarbeiten die Stadt teuer zu stehen kommen.