Duisburg. . Der Journalist und MSV-Fan Jan Mohnhaupt hat ein Buch über den Fußballer Michael Tönnies geschrieben, der vor kurzem noch um sein Leben kämpfte.
Bei seinem allerersten Stadionbesuch wurde Jan Mohnhaupt Augenzeuge eines historischen Fußballmoments: Am 27. August 1991 erlebte er als Siebenjähriger beim Heimspiel des MSV Duisburg gegen den Karlsruher SC hautnah mit, wie Zebra-Stürmer Michael Tönnies innerhalb von nur sechs Minuten drei Tore nacheinander schoss. Es ist der schnellste Hattrick in der 52-jährigen Bundesliga-Geschichte. Ein Rekord, der bis heute Bestand hat.
Für Jan Mohnhaupt war dieser Tag ein Erweckungserlebnis. Von dieser Sekunde an war er glühender MSV-Fan. Und nun hat der in Berlin lebende Journalist und Autor seinem einstigen Idol ein Denkmal gesetzt – in Form eines Buches. „Auf der Kippe. Die zwei Leben des Michael Tönnies“ heißt es. Ab Ende April steht es in den Buchläden. Darin blickt der bullige Stürmer zurück auf seine Taten auf dem Fußballplatz, aber auch auf den Überlebenskampf abseits davon. Denn das Schicksal des einst an der Lunge erkrankten Tönnies, es stand buchstäblich auf der Kippe.
Ein Held aus Kindheitstagen
Jan Mohnhaupt hat den Lebensweg des Vollblut-Fußballers Tönnies, der den Spitznamen „Tornado“ trägt, nun aufgeschrieben. Obwohl in Bochum aufgewachsen, gab es für Mohnhaupt stets nur eine Fußball-Liebe: den MSV. Sein Vater Wolfgang stammt aus Meiderich – und hat als bekennendes „Zebra“ seinen Jungen schnell in die richtigen Bahnen gelenkt. „Ich fand aber auch die gestreiften Trikots super. Und ich war Riesen-Fan von Uwe Kober“, erzählt Mohnhaupt. Nach dem miterlebten Rekord-Hattrick wurde jedoch Tönnies sein Liebling. „Und es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn plötzlich dein Held aus Kindheitstagen vor dir steht.“
Diese erste Begegnung gab es vor zwei Jahren. Zu diesem Zeitpunkt war Mohnhaupt längst als frei beruflicher Journalist etabliert, der regegelmäßig Artikel für den Tagesspiegel oder Spiegel Online schreibt. Als dem MSV im Sommer 2013 die Lizenz entzogen wird und die Fans als Trotzreaktion zu Tausenden auf die Straßen gehen, soll er einen Bericht über die Lage des Traditionsklubs schreiben. Im Rahmen der Recherche nimmt er auch Kontakt zu Tönnies auf. Der war nach überstandener Lungen-Transplantation und anschließender Reha ausgerechnet am 29. Mai 2013 nach Hause gekommen – dem Tag des Lizenzentzuges. „Es hat mir so viel erzählt, dass schnell klar war, dass ich daraus eine eigene Geschichte machen muss“, so Mohnhaupt.
Aus einem Recherche-Gespräch entstand die Buch-Idee
Im Sommer 2013 fiel dann wegen der Masse an Material der Entschluss, ein Buch zu schreiben. Und so trafen sich beide fortan öfter. „Ich mag seine Selbstironie, dass er gern auch mal einen Witz auf eigene Kosten macht“, so der Autor. In den Interviews sei man „von Hölzken auf Stöcksken“ gekommen. Dazu gehörten unzählige Anekdoten. Wie jene aus dem Wintertrainingslager 1990 in Dubrovnik. Damals saß der damalige Trainer Willibert Kremer verdutzt in der Hotellobby und beobachtete, wie telefonisch tablettweise Bier bestellt wurde. Da er keinen seiner Spieler entdeckte, ging er zum Doppelzimmer von Tönnies und Kober.
Rauchschwaden sollen ihm beim Öffnen der Tür entgegengewabert sein. „Ein paar Spieler flüchteten auf den Balkon, andere versteckten sich hinter der Tür“, schildert Mohnhaupt. Nur Tönnies blieb sitzen. Als ein Kellner das nächste Tablett brachte, soll Kremer stocksauer gesagt haben: „Du zahlst für jedes Glas Bier 100 Mark.“ Da soll Tönnies in Richtung Kellner geantwortet haben: „Okay! Lass das ganze Tablett hier!“
Mohnhaupt sprach mit Verwandten, früheren Trainern sowie Mit- und Gegenspielern von Tönnies – wie Lothar Woelk, Dirk Helmig, Jean-Marie Pfaff, Uli Maslo, Horst Hrubesch oder besagten Willibert Kremer. Natürlich kommt auch Oliver Kahn zu Wort. Der stand im Tor des KSC, als ihm Tönnies im August 1991 beim 6:2-Sieg des MSV den Rekord-Hattrick und insgesamt fünf Tore um die Ohren haute. Einhelliger Tenor unter den Befragten: Tönnies sei ein schludriges Genie gewesen, das mit seinem großen Talent noch viel mehr hätte erreichen müssen.
Mohnhaupt schätzt vor allem die Bescheidenheit und Demut, mit der Tönnies nach der überstandenen, lebensbedrohlichen Erkrankung heute seinen Alltag bestreitet: „Er erfreut sich einfach des Lebens – jeden Tag aufs Neue.“ Und das ist mehr wert als jeder Hattrick.
Der Torjäger Tönnies talkt am 25. März mit MSV-Fanclubs
Michael Tönnies gehört zu den Gästen bei der nächsten Veranstaltung der Talk-Reihe „Zebras treffen Zebras“ am kommenden Mittwoch, 25. März, im Wyndham Hotel Duisburger Hof in der City (Opernplatz): Ab 19.02 Uhr wird der frühere Torjäger des MSV Duisburg dort im Gespräch mit Stefan Leiwen, seinem heutigen Stadionsprecherkollegen in der Arena, auch über das neue Buch sprechen, das der Journalist und Autor Jan Mohnhaupt über ihn geschrieben hat.
Als Gastgeber des Abends fungiert der noch relativ junge MSV-Fanclub „Innenhafen“. Dessen Vorsitzender Jens Thiem und alle Clubmitglieder hoffen, dass zahlreiche Fußballfreunde anderer Fangruppierungen an diesem Abend vorbeischauen werden. Die „Zebras treffen Zebras“-Veranstaltungen haben den Sinn und Zweck, den Kontakt innerhalb der MSV-Familie weiter zu intensivieren.
Neben „Tornado“ Tönnies werden an diesem Abend auch zwei Spieler aus dem aktuellen Drittliga-Kader der Duisburger erwartet: Der einst das Trikot von Real Madrid tragende Innenverteidiger Christopher Schorch will den Fans ebenso Rede und Antwort stehen wie der Defensiv-Allrounder Enis Hajri. Die Veranstalter des „Fanclubs Innenhafen“ betonen, dass jeder MSV-Freund herzlich willkommen ist. Der Eintritt ist frei.