Die Längsten im Zoo sind reine Schönwettertiere. Wenn die Sonne sich versteckt, frieren sie.Pfleger Jürgen Hammes stellt auch den Speisefahrplan zusammen. 20 Jahre bei den Menschenaffen

KÖPFE IM ZOO BLICK IN DIE REVIERE Sie sind mit Abstand die Längsten im Zoo, schnell auf den Beinen und exzellente Verteidigungskünstler. Gerade mal vier Monate alt, streckt die kühne Linda mit elegantem Sprung alle Viere von sich. Es könnte ja ein Feind in der Nähe sein, der an allen Flanken angreift. In Frage kämen zwar die afrikanischen Wildhunde. Doch erstens sind sie ohnehin gut im Futter, und zweitens fast ausbruchsicher einquartiert. An Selbstbewusstsein sollte es den Zwei-Etagen-Tieren also nicht fehlen. Eine Schwäche hat Pfleger Jürgen Hammes dennoch ausgemacht. "Sobald es regnet und etwas kälter wird, fangen die an zu zittern."

Und tatsächlich: Es beginnt das große Zittern. Ein silbrig schimmernder Regenschleier hat sich über die Anlage gelegt. Jürgen Hammes erbarmt sich, lässt die Mannschaft vorzeitig in die warme Wohnstube. Die ist immerhin mit Fußbodenheizung ausgestattet. Die Zitterpartie ist schlagartig beendet. Und vor ihren Untermietern, die es als Sport betrachten, den langen Kerlen in die Beine zu picken, müssen sich die Huftiere auch nicht mehr in Acht nehmen. Die stets wie wippende Mannequins schreitenden Hornraben Erich und Margot sind längst in ihre Kammern zurückgekehrt.

Morgens, wenn die Giraffen Ausgang haben, beginnt die Arbeit für die Pfleger. Jürgen Hammes ist der Mann für alle Fälle, seit fünf Jahren Springer und damit in allen Revieren zuhause. 20 Jahre war er Chef im Affenhaus, ehe er, gesundheitlich angeschlagen, kürzer treten musste.

Nach der Revierrunde mistet er zunächst aus, gießt die Pflanzen und rückt den Spinnweben mit einer neun Meter langen Stange zu Leibe. Einmal pro Woche ist neuer Sand fällig. Dann beginnt die Küchenarbeit, die Tafel für die widerkäuende Gesellschaft muss gedeckt werden. Es hört sich nach Feinschmeckerkost an: Haferschlempe anrühren, wegen der Ballaststoffe, Leinsamen als Verdauungsförderer, Weizenkleie, Haferflocken, Kartoffeln. Täglich frisch auf den Tisch, beziehungsweise in den Korb kommt auch Petersilie. Auf freier Wildbahn verspeisen die Huftiere bis zu 80 kg Laub, sind praktisch den ganzen Tag mit Fressen beschäftigt. Auch die wuselnden Kattas schräg gegenüber geben ihre Bestellung in der selben Küche auf. Das heißt für Jürgen Hammes: Einen Obstcocktail aus Bananen und Erdbeeren, dazu Ei und Gemüse zusammenstellen.

Seinen alten Freunden im Affenhaus sagt der 45-Jährige nur selten hallo. Es sind die wehmütigen Erinnerungen an vertraute Zeiten. Jürgen Hammes: "Sie erkennen mich sofort und begrüßen mich. Sie können sich nicht erklären, warum ich nicht mehr auftauche." Doch eines ist gewiss: Wenn sich in der Gorillafamilie demnächst Nachwuchs einstellt, wird er vorbeischauen: "Die Menschenaffen sind Bestandteil meines Lebens."