Altstadt. .
„Näher als hier können sie Gerhard Mercator gar nicht kommen“, begrüßt Pfarrer Martin Winterberg die zahlreichen Duisburgern, die sich zu einer kleinen Geburtstagsfeier für den Kosmographen und Universalgelehrten in der verglasten Südkapelle der Salvatorkirche drängeln. Unter ihnen sind auch die Aktiven der Initiative „Mercators Nachbarn“ im Gelehrtenrock und Brokatwams, mit Barett und Hörnerhaube, die zur Feier des 503. Geburtstags eingeladen haben.
„Mercator besuchte hier die Gottesdienste in einer bewegten Zeit, in der sich abwechselnd Katholiken, Lutheraner und Calvinisten in der Salvatorkirche zum Beten trafen“, erläutert der Pfarrer und deutet auf die große Grabplatte mit dem Bild des gebürtigen Flamen, der nach Duisburg kam, um unbehelligt und konkurrenzlos seiner Arbeit nachgehen zu können.
Wo genau er begraben liegt, ist nicht mehr bekannt, im zweiten Weltkrieg verbrannte auch das Turmarchiv der alten Stadtkirche. Zwar kamen bei verschiedenen Ausgrabungsaktionen viele Knöchelchen zutage und auch eine mittelalterliche Kanonenkugel. Aber was davon genau zu dem Gelehrten gehörte, der 1594 in Duisburg starb, lässt sich nicht mehr klären. Sicher ist, dass er zu Lebzeiten öfter mit seinem Schüler die 157 Stufen zum Turm hinaufstieg, um die engen Gassen der Stadt aus der „Corputius-Perspektive“ betrachten zu können und exakte Messungen vorzunehmen. Als Theologen sieht Pfarrer Winterberg Mercator nicht, obwohl der sich in einigen Schriften mit den theologischen Fragen seiner Zeit auseinander gesetzt hat.
Nach dem Ausflug in die Theologie der Reformationszeit wechseln die Geburtstagsgäste ins Kultur- und Stadthistorische Museum. Dort gibt es getragene Musik aus dem 16. Jahrhundert mit Imke Alers (Oboe), Friedemann Pardall (Cello) und Rafael Sars (Pauke, Schlagwerk) von den Duisburger Philharmonikern. Die Mercator-Fans singen ein vielbeklatschtes, flämisches Liebeslied und versprechen weitere Auftritte des vor fünf Wochen spontan gegründeten „Mercator-Chors“. Die Kostümbildnerin Ulrike Altegoer gibt einen Einblick ihre Arbeit an den historischen Gewändern. Mercators schwarzer Gelehrtenrock ist schon fertig, aber Johannes Corputius ist noch ohne Oberteil. Und der brave Walter Ghim alias Kurt Walter, Nachbar und Biograph Mercators, hat zwar ein leuchtendes, rotes Barett und ein Brokatwams, ist aber vorläufig noch ohne Hosen. Kurt Walter fiebert der Fertigstellung seines Beinkleides besonders entgegen. Bekommt er doch eine „Braguette“, eine Hose mit herausfordernd aufgepolstertem Hosenlatz. Damit könnte er dann auf zukünftigen Kostümführungen wahrlich hervorragend „auf dicke Hose machen“.