Eleonore Köhler und Kevin Praß stürzen sich am Bungee-Seil über dem Stichkanal in die Tiefe.Die Angst davor und die Glücksgefühle danach verbinden das junge Abenteurer-Pärchen
MITMENSCHEN Liebe ist, wenn man sich 50 Meter in die Tiefe stürzt. Am sonnigen Wochenende löst Kevin Praß das Weihnachtsgeschenk seine Freundin Eleonore Köhler ein. Der Bungee-Anbieter Jochen Schweizer hat seinen Autokran an der Kruppstraße aufgestellt und macht im Minutentakt den Traum vom Fliegen wahr. Eigentlich sollten die Hobby-Abenteurer mit Händen in den Stichkanal eintauchen. "Doch wir wissen nicht, wie der Wasserstand ist, das wäre sonst zu gefährlich", sagt Alexander Lochmann, Mitarbeiter der Jochen Schweizer GmbH.
Für Eleonore ist die Sache schon aufregend genug. Seit einer Stunde wartet sie mit ihrem Freund darauf, in den Korb klettern zu können. Viele Sprünge hat sie in der Zeit angesehen. Zugeschaut, wie ihre Vorgänger kreischen, zetern und dann glücklich auf dem Boden landen. Immer ruhiger ist die 19-Jährige geworden. "Vielleicht hätten wir nicht so früh kommen und einfach springen sollen", zweifelt die Krefelderin. Jetzt ist es zu spät. Noch zwei Jungs sind vor ihnen dran. Jetzt müssen die beiden auf die Waage, damit das richtige Seil ausgesucht werden kann. "Das Seil stoppt etwa vier Meter über dem Boden. Wenn etwas reißt, baumeln sie ja noch am Haken", beruhigt Lochmann. 160 Personen haben sich angemeldet. Bis jetzt hat noch niemand einen Rückzieher gemacht.
Auch für Eleonore und Kevin kommt das nicht in Frage. Hinter der Absperrung stehen ihre Eltern und feixen. "Dir steht die Angst schon in den Augen", ruft Horst Praß. Ehefrau Viola kann nicht hinschauen. "Die brauchen das Abenteuer. Das haben sie eindeutig vom Vater." Sie würde nicht einmal die 50 Meter mit der Gondel hinauffahren.
In die müssen Eleonore und Kevin jetzt einsteigen. Mit Haken gesichert, sind sie schon mit dem Seil verbunden. Alexander Lochmann begleitet die beiden. Bange Minuten. Trauen sie sich? Oder machen sie doch einen Rückzieher? "Die machen das", ist sich Mutter Viola Praß sicher. Dann: "Aaah". Ein spitzer Schrei kommt 50 Meter weiter unten an. Die Wagemutigen baumeln am Seil. Schwingen hin und her. Schnellen wieder nach oben. Sie klammern sich aneinander. Umarmen sich. Küssen sich kopfüber.
Fünf Minuten spüren sie wieder festen Boden unter sich. "Ich hab Ohrenschmerzen", stöhnt Kevin. Nicht von dem Luftdruck - von dem Schrei seiner Freundin. Die lächelt glücklich. "Das war cool", sind sich beide einig. Die Abenteurer haben auch schon die nächste Herausforderung im Sinn: Ein Fallschirm-Sprung. "Oh Gott", sagt die Mutter. Da fällt selbst dem Vater kein Spruch mehr zu ein.