Der Bürgerverein Duisburg-Neudorf hat den zweiten Teil seiner Stadtteil-Chronik herausgegeben.Erstmals wird ein Überblick über die frühe Industrialisierung geboten. Zahlreiche historische Fotos
1771 gab der Preussenkönig Friedrich der Große grünes Licht für die neue Dorfanlage "Op de Heid" außerhalb der alten Duisburger Stadtmauer. Hessisch-darmstädtische Ansiedler waren dann die ersten Bewohner "Neudorfs", dessen letztes Kolonialistenhaus noch bis 1956 an der Koloniestraße zu finden war.
"Neudorf Einst & Heute" lautet der Titel des 271 Seiten starken Bildbandes, den jetzt der Bürgerverein Duisburg-Neudorf herausgegeben hat. Vereinsvorsitzender Harald Jeschke und sein Team stellten gestern die Neurscheinung in der Mayerschen Buchhandlung vor.
Mit schnellem Blick erkennt der Leser, dass diese Chronik sehr kenntnisreich und mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurde. Dabei sind die zahlreichen Berichte zur Geschichte des Stadtteils mit vielen - teilweise bisher unbekannten - Fotos illustriert. Wie Harald Jeschke betont, fühlte man sich nach dem Erscheinen und dem Erfolg der ersten Chronik 2005 angespornt, weitere Recherchen anzustellen, um ein zweites Buch über Neudorf herauszubringen. Erstmals sollte die frühe Industrialisierung Neudorfs thematisiert werden. Dazu erreichten die Autoren Informationen und historisches Bildmaterial sogar aus Sylt und aus München. Zum Team gehörte neben Harald Jeschke auch Hans-Willi Bütefür, dessen Familiename bereits 1787 bei der Gründung Neudorfs auftauchte. Zurückgegriffen werden konnte auf die historische Sammlug von Reihold Stausberg.
"Von der Steinzeit bis zum Mittelalter" lautet das Thema des ersten Beitrages, der vom ehemaligen Stadtarchäologen Dr. Günter Krause verfasst wurde, der auch über frühe archäologische Funde informiert.
Weitere Beiträge erinnern an den 100. Geburtstag Neudorf im Jahr 1870, an den Zweiten Weltkrieg und an die Industrialisierung des Stadtteils. So befand sich seit 1856 der erste Steinkohlen-Tiefbauschacht an der Memelstraße in Neudorf. Und überhaupt wurde Neudorf Ende des 19. Jahrhunderts und bis ins 20. Jahrhundert hinein von rauchenden Schloten und von einer wachsenden Fabrikarbeiterschaft geprägt. Julius Carstanjen gründete 1854 an der Pappenstraße seine Teer- und Dachpappenfabrik. 1867 folgte Felix Bischoff an der Oststraße mit einer Gussstahlfabrik. Seine weitläufigen Fabrikhallen wurden erst in den 30er Jahren abgerissen. Beeindruckende Schwarz-Weiß-Fotos zeigen mächtige Maschinen, Kesselhäuser, Walzen und Schmieden.
Erzählt wird auch die Geschichte von Unternehmen wie Buller, Garnatz und Dickel, die kaum noch jemand kennt. Theodor Keetman, dessen Fabrik an der Mülheimer Straße stand, war immerhin einer der Gründer der Demag. Eine Stadtteilreise, bei der es viel zu entdecken gibt.