„Huzursuz Misafir: Gast mit Unbehagen“, hat Tayfun Demir, ehemalige Leiter der internationalen Bibliothek und des Integrationsreferates, seine Biografie genannt. Er emigrierte zwei Mal – zunächst aus Ostanatolien nach Istanbul, 1976 dann nach Duisburg. Als Intellektueller und politisch Progressiver, der mit vielen türkischen Vertretern der 68er studierte, erlebte er den Militärputsch 1971 in der Türkei. Er und seine Mitstreiter gaben Zeitungen heraus, die dem Regime nicht passten. Kurz darauf wurde er verhaftet. Von diesen Eindrücken und seinen Erlebnissen in Deutschland, erzählt sein Buch, das er nun bei einer deutsch-türkischen Lesung vorstellte. Dazu kehrte Demir, der inzwischen sowohl in Duisburg als auch in Istanbul lebt, wieder zurück zu seinen Wurzeln, in die Zentralbibliothek. Rund 120 Gäste lauschten ihm.
Die Kapitel, die die Stationen seines Lebens schildern, sind geschrieben wie ein Brief. „In den ersten Jahren habe ich einem Freund viele lange Briefe geschrieben. In Deutschland habe ich eine starke Sehnsucht gespürt“, erinnert sich Demir. Während der Veranstaltung redet der Autor, der eigentlich geschliffenes Deutsch spricht, nur Türkisch – um sich ganz auf seine Rolle als Gast zurückzuziehen. Übersetzt werden die Textpassagen und Erzählungen von Oliver Kontny. „Eigentlich gibt es in der Türkei eher eine Tradition an oralen Narrationen.“ In Deutschland hat er sich dennoch mit Brecht, Hölderlin und Morgenstern beschäftigt.
Die Idee, sein Leben zu verschriftlichen, kam ihm, als er zu einer Buchmesse eingeladen wurde. Dazu wollte er eben ein Buch mitbringen. Schnell schrieb er seine Gedanken herunter, beschrieb eindrückliche Begegnungen mit Weggefährten sowie Stationen seiner Arbeit, etwa wie er das Dokumentationszentrum und Museum für Migration in Deutschland mit aufbaute. Demir: „Wir dürfen die Geschichtsschreibung über Migration nicht den Herrschenden überlassen.“
Nun überlegt Demir den Titel seines Buches noch einmal zu ändern. Statt „Gast mit Unbehagen“ könnte es auch „ruheloser Gast“ heißen. Rastlos hat er sich in Deutschland nämlich immer gefühlt.