Düsseldorf. “Keine Show für Täter“: Rund 200 Demonstranten protestierten wegen der Missbrauchs-Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger. Fans hielten zu ihm.
Im Düsseldorfer Regen machte sich das Bündnis „Keine Show für Täter“ am Freitagabend, 17.45 Uhr, vom Provinzialplatz in Richtung Oberbilker S-Bahnhof auf. Das sind rund 500 Meter Luftlinie Richtung Mitsubishi-Electric-Halle. Die nach Bündnis-Schätzung rund 200 Leute starke Demo protestierte, wie im Vorfeld angekündigt, gegen das in der Halle stattfindende Solo-Konzert des Rammstein-Frontmanns Till Lindemann.
Drei Monate lang hatte das Bündnis diesen Protest geplant, berichtete Sprecher Aiden Hahn. Unter den Aktivistinnen und Aktivisten seien auch Menschen, die selbst bereits Betroffene sexueller Gewalt wurden. „Es ist eine grundsätzliche Demonstration, wir richten uns aber auch konkret an die Stadt und an die Konzertbesucher.“
Deutliche Kritik auch an die Stadt Düsseldorf
Von einem Lautsprecherwagen und aus Megafonen tönten Musik und Parolen gegen Sexismus. „Wir fordern von der Stadt, mutmaßlichen Tätern keine Bühne zu bieten“, sagte Hahn. Außerdem solle der Stadtrat Vergabe-Kriterien für die Nutzung von städtischen Räumlichkeiten und Flächen beschließen, die sexistische, rassistische und weitere Diskriminierungsformen und Gewalt ausschließe. Hintergrund sind die im Frühjahr und Sommer durch mehrere Frauen, teilweise anonym, gegen Till Lindemann erhobenen Vorwürfe sexueller Übergriffe. Lindemann und seine Anwälte bestritten die Anschuldigungen, eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft Berlin wurde im August wegen mangelnder Anhaltspunkte unter den verfügbaren Beweismitteln eingestellt.
Als die Demo am Parkplatz der Mitsubishi-Halle ankam, reagierten einige der vielen wartenden Konzertgäste mit lautem Johlen. Auf dem Bürgersteig lachten ein paar Konzertbesucher, verhöhnten die Demonstrierenden. „Fick mich!“ brüllte etwa einer und erntete von seinen Begleitern Gelächter. „Wir haben mit solchen Reaktionen gerechnet“, so Hahn.
Für Opfer sexueller Gewalt sei es sehr schwer, Taten zu beweisen
Für ihre Abschlusskundgebung platzierten sich die Aktivisten seitlich vor dem Ausgang des Oberbilker S-Bahnhofs. Vom Parkplatz gab es immer wieder laute Rufe in Richtung der Kundgebung: „Lindemann! Lindemann!“ schallte es etwa, während vom Demowagen Rednerinnen über sexuelle Gewalt sprachen. Für Opfer sexueller Gewalt sei es sehr schwer, Taten zu beweisen, betonte Bündnissprecher Hahn. In die Art, wie staatliche Organe aktuell mit solchen Fällen umgehen, hätten Sie kein Vertrauen und wünschten sich ein „besseres System“. Bis dahin solle im Zweifelsfall etwa von Seiten der Stadt darauf verzichtet werde, Bühnen Personen zur Verfügung zu stellen, gegen die entsprechende Vorwürfe bestehen.
Unter den Konzertbesuchern trafen sie auf wenig Verständnis. „Grausig, lächerlich“, finde er den Protest, sagte etwa Peter, der für das Konzert aus Unna angereist war. „Es gab ja kein Urteil, es gab keinen Prozess, gar nichts.“ Sein Freund Mike mutmaßte über die Gründe der Protestler: „Die sind hier, weil sie Langeweile haben.“ Dass bei Rockkonzerten backstage auch „unschöne“ Vorfälle passieren können, da waren sie sich einig. „Solche Geschichten gab es immer schon. Bei den Stones, bei AC/DC. Aber damals gab es kein Social Media. Das wurde nicht an die große Glocke gehängt“, sagte Peter. Frauen, die sich bei einer Hardrock-Show „casten“ müssten selbst wissen, auf was sie sich einlassen, fügte Mike hinzu.
Persönliches und Musik „nicht immer in einen Topf werfen“
Viele vorbeikommende Konzertgänger reagierten genervt, andere hämisch: „Wir haben noch Tickets!“ rief ein Besucher. „Linke Zecken!“ ein anderer.
“Das Thema ist immer ganz schwierig, sagte Konzertgänger Sven aus Solingen, der vor der Show noch auf seine Begleitung wartete. Er finde den Protest etwas überzogen: „Man darf Persönliches und Musik nicht immer so in einen Topf werfen.“ Der Rockfan betont ebenfalls die eingestellten Ermittlungen: „Wenn es genügend Beweise gäbe, dann hätte es eine Verurteilung gegeben“, so der Solinger abschließend.