Düsseldorf. Das Auto als wichtigsten Verkehrsträger in Düsseldorf abzulösen ist erklärtes Ziel der Politik. Aber werden dabei alle mit ins Boot geholt?
Laut amtlicher Statistik steigt die Anzahl von Düsseldorfer Fußgängern, die in Verkehrsunfälle verwickelt sind. Im Dreijahresdurchschnitt steigt die Rate um über 13 Prozent. Von 2021 auf 2022 nahm die Zahl sogar um 42,3 Prozent zu. So kamen letztes Jahr 474 Fußgänger im Straßenverkehr zu Schaden.
Insbesondere bei Senioren fällt auf, dass sie zwar relativ oft als Fußgänger in Unfälle verwickelt sind: 2022 waren es 83. Gleichzeitig waren sie aber nur in 16 Fällen auch Verursacher der Unfälle, also in weniger als 20 Prozent der Fälle.
Laura Groß beim Seniorenrat
Diese Gemengelage nimmt der Seniorenrat der Stadt zum Anlass, sich die Arbeit der im Mai 2023 eingesetzten Fußverkehrsbeauftragten Laura Groß vorstellen zu lassen. Groß wird einen Vortrag in der Sitzung des Seniorenrates an diesem Freitag, 29. September, halten.
Ulrike Schneider, die Vorsitzende des Seniorenrates , verspricht sich von der Groß’ Arbeit vor allem mehr Sicherheit. Für den Seniorenrat sei der Fußverkehr ein „gravierendes Thema“, so Schneider. „Wir haben den Eindruck, dass wir nicht berücksichtigt werden.“ Viele ältere Düsseldorfer verzichten laut Schneider bewusst auf Auto oder Rad und legen einen Großteil ihrer Besorgungen zu Fuß zurück.
Vergleicht man den Anteil von zu Fuß gehenden Senioren als Unfallverursacher mit dem entsprechenden Wert junger Erwachsener, fällt auf, dass er bei letzteren bei über 31 Prozent und damit deutlich höher liegt. Schneider hat dafür eine Erklärung: „Ältere Menschen sind überlegter. Viele nutzen Wege, die sie gut kennen.“ Dennoch würden Senioren nicht berücksichtigt: „Darüber regen wir uns auf.“
Der Behindertenrat war begeistert
Die Fußverkehrsbeauftragte Groß hatte sich bereits am 11. September dem Behindertenrat vorgestellt. Laut Christine Dill, der stellvertretenden Vorsitzenden, konnte Groß auf ganzer Linie überzeugen. Sie habe sich hervorragend präsentiert, äußerst kompetent, so Dill. In ihrem Vortrag erläuterte Groß unter anderem die Ziele des Mobilitätsplans D. Der Plan sieht vor, die Barrierefreiheit im Fußverkehr auf 100 Prozent zu erhöhen, gleichzeitig die Zahl im Verkehr verletzter oder getöteter Fußgänger auf Null zu drücken – die sogenannte Vision Zero.
Sabine Humpert-Kalb, die Vorsitzende des Behindertenrates, sieht den Mobilitätsplan D zwar positiv, hat aber auch Sorge, dass die Anliegen der Düsseldorfer Behinderten nicht genug Gehör fänden. Und das, obwohl nach Einschätzung des Behindertenrates zwischen 20 und 25 Prozent der Düsseldorfer eine schwerwiegende Behinderung aufweisen. Dass Fahrrad- und Fußverkehr oftmals gegenüber dem Autoverkehr zurückstecken müssten, sieht sie als Gefahr. Humpert-Kalb stellt klar: „Prinzipiell plädieren wir für Fahrradwege auf der Straße.“
FUSS e.V. fordert klare Trennung von Fuß- und Fahrradwegen
Genau das fordert auch der FUSS e.V. Düsseldorf, der sich für die Belange der Fußgänger einsetzt. Ferry Weber vom Ortsverband Düsseldorf betont: „Wir möchten eine strikte Trennung von Fuß- und Radwegen und wünschen uns mehr Rücksichtnahme unter allen Verkehrsteilnehmern.“ Weber hat „den Eindruck, dass in Düsseldorf sehr viel für Radfahrende getan wird und die zu Fuß Gehenden vergessen werden“. Damit sich das ändert, sei man in stetigem Austausch mit dem Senioren- und dem Behindertenrat. Auch Humpert-Kalb lobt die gewachsenen Beziehungen zum FUSS e.V. Solch ein Miteinander brauche auch die Verwaltung, so Weber. So sei im Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA) zwar der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) präsent, die Fußgänger-Lobby aber werde nicht berücksichtigt. Dabei wächst sie: Der erst letztes Jahr mit zehn Mitgliedern gegründete Ortsverband hat heute bereits um die 40 Mitglieder, so Weber.
Fußverkehrsbeauftragte sind eine relativ neue Erscheinung. Die FDP hatte schon im Juni 2021 gefordert, eine Fußverkehrsbeauftragte einzusetzen. Seit 1. Mai diesen Jahres ist Groß nun im Amt. In Köln hat der Beauftragte seine Arbeit im März letzten Jahres aufgenommen. NRW-Pionier ist Essen: Hier gab es eine entsprechende Stelle schon 2021.
Düsseldorf zu Fuß
Statistisch gesehen unternimmt jeder Düsseldorfer am Tag 3,5 Wege, 27 Prozent davon zu Fuß. Betrachtet man ausschließlich den Binnenverkehr, steigt der Wert auf 31 Prozent. Allerdings ändert sich das mit zunehmender Weglänge. Für Strecken unter einem Kilometer gehen 73 Prozent aller Düsseldorfer zu Fuß. Bei den Strecken zwischen drei und fünf Kilometern sind es nur noch fünf Prozent, darüber geht der Anteil gegen Null. Hauptverkehrsmittel bleibt aber das Auto mit 36 Prozent aller Wege.