München.. Im NSU-Prozess soll heute eine mögliche Belastungszeugin aussagen. Veronika von A. will die Angeklagte Beate Zschäpe in Dortmund gesehen haben, kurz dort ein Mord geschah, der dem NSU-Trio angelastet wird. Der Prozess wurde allerdings schon nach wenigen Minuten unterbrochen.
Eine 63-jährige Zeugin hat am Montag beim NSU-Prozess geschildert, wie sie Beate Zschäpe 2006 in Dortmund gesehen haben will. Die Frau wurde sehr kurzfristig als Zeugin geladen. Daher verzögerte sich ihre Aussage am 40. Verhandlungstag um etwa zwei Stunden. Die Verteidiger von Ralf Wohlleben hatte eine erste Unterbrechung gleich nach Verhandlungsbeginn beantrag, um mit ihren Mandanten neu eingegangene Akten besprechen zu können.
Die Verteidiger von Beate Zschäpe forderten zudem, die Zeugin erst dann zu vernehmen, wenn die zur Verfügung gestellten Fotos in einer besseren Qualität vorliegen. Also wurde die Verhandlung noch ein zweites Mal unterbrochen.
Richter Manfred Götzl stellte den Verteidigern eine Prozessakte mit Farbfotos zur Verfügung. Zudem legte das Gericht in der Pause weitere Fotos auf der Richterbank aus, auf denen unter anderem eine Frau abgebildet war, die Ähnlichkeit mit der Hauptangeklagten Zschäpe haben soll.
Nachbarin will Zschäpe auf Gartengrundstück gesehen haben
Nach dieser Verzögerung schilderte dann die Zeugin mit ruhiger Stimme und teils sehr detailreich ihre Beobachtungen. So will sie um den 31. März 2006 auf von einem Gaubenfenster aus, auf dem Nachbargrundstück mehrere Personen beobachtet haben. Darunter seien zwei Männer und eine Frau gewesen, die schwarz gekleidet waren. Einen weiteren Mann auf diesem Grundstück beschreibt sie als Skinhead.
Die 63-Jährige räumt ein, die Gruppe auch mit einem Fernglas beobachtet zu haben. Als sie das Fenster geöffnet habe, um sich zu zeigen, hätten erst die Frau und dann alle anderen zu ihr hochgeschaut. Kurz darauf seien die Personen aus ihrem Blickwinkel gegangen. Die Zeugin spricht von militärisch anmutender Formation. Sie erinnere sich so genau an das Datum, weil sie am 31. März einen Möbelwagen erwartet habe und ein Wohnmobil mit „Z“-Kennzeichen die Parkmöglichkeit blockierte.
Zeugin meldete sich erst bei der Polizei, als die NSA aufgeflogen war
In den Jahren zuvor will die Zeugin noch ein weiteres Wohnmobil gesehen haben. Sie konnte sich aber nicht mehr genau an den Zeitraum erinnern. Die Zeugin gab an, nur mit ihren Mann kurz über ihre Beobachtungen gesprochen zu haben. Erst als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) aufgeflogen war, habe sie Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf Fahndungsfotos in den Medien als diejenigen erkannt, die sie damals mit auf dem Nachbargrundstück beobachtet hatte.
Sollte die Zeugenaussage zutreffen, wäre es ein erster deutlicher Hinweis darauf, dass Beate Zschäpe sich in zeitlicher Nähe eines der Morde, die dem NSU zugeschrieben werden, nicht weit entfernt vom Tatort aufgehalten haben könnte. Am 4. April 2006 war in Dortmund Mehmed Kubasik erschossen worden.
Zeugin ignorierte Fandungsaufruf der Bundesanwaltschaft
Trotz des Fahndungsaufrufs der Bundesanwaltschaft vom Dezember 2011 hatte sich die Zeugin aber nicht gemeldet. Sie sei davon ausgegangen, dass bei den Ermittlungen auch das Neonazi-Umfeld von Dortmund untersucht werde. Erst als die Anklage vorgelegen habe und Dortmund fast keine Rolle spielte, habe sie sich dieses Frühjahr an einen Journalisten gewandt. Als dieser Kontakt nicht weiter geführt habe, meldete sich die Zeugin im Juni bei Rechtsanwalt Thomas Bliwier.
Am 29. August 2013 habe sie sich dann mit den Anwälten dieser Kanzlei zu einem Ortstermin und einem ausführlichen Gespräch getroffen. Danach war der Antrag auf ihre Zeugenvernehmung beim Oberlandesgericht in München eingereicht worden.
Prozess wurde nach Zeugenaussage unterbrochen
Nach ihrer etwa einstündigen Aussage wurde die Verhandlung für eine weitere Pause unterbrochen. Am Nachmittag steht die Befragung der Zeugin auf dem Programm. Denn die Aussagen der Zeugin werden durchaus kritisch gesehen. So erklärte der Nachbar, auf dessen Grundstück die Zeugin ihre Beobachtungen gemacht haben will gegenüber der Polizei, dass seine Frau eine gewisse Ähnlichkeit mit Beate Zschäpe habe.
Ob das Gericht am Montag auch noch dazu kommen wird, die geladenen Zeugen zum Mord an Halit Yozgat, am 6. April 2006, zu hören ist nicht sicher. Unter anderem ist der Vater des Opfers geladen. Die Angehörigen des damals 21-Jährigen verfolgen zudem die Verhandlung gemeinsam mit ihren Anwälten.