Dortmund.
Wolfgang E. Weick ist vieles. Er ist in seinem Büro im fünften Stock fast so schwer erreichbar wie die Meisterschale für Schalke. Er ist der Leitende Direktor der Dortmunder Museen.
Und: Er gehört zu einer handverlesenen Elite in Dortmund, die wirklich weiß, welche Schätze in den Vitrinen und Tresoren der Stadt schlummern - genauer: Welche Natur- und Kunstschätze. Nicht gerade ein Kinderspiel, wenn man bedenkt, dass allein die städtischen Museen mehr als 350.000 Objekte zählen. Mit einem geschätzten Wert von: 250 Millionen Euro.
Alles wird auf seinen Wert geschätzt
Picasso, Caspar David Friedrich, Beckmann oder auch der Dortmunder Goldschatz mit seinen mehr als 400 Münzen gehören dazu. Alles wird fein säuberlich aufgelistet, begutachtet, auf seinen aktuellen Wert hin eingeschätzt. Doch wie errechnet man eigentlich den Wert eines Kunstwerks?
„Für klassische Gemälde gibt es einen Markt“, sagt Weick. Es gibt Auktionen etwa bei Sothebys in London, es gibt verbriefte Preise, die Händler zahlen (würden). Dass ein Caspar David Friedrich schnell im siebenstelligen Bereich anzusiedeln sei, verrät schon das Internet. Auch das Verleihen von Kunst kann ihren Preis erhellen. Immer dann, wenn die Versicherung einen Gutachter schickt, der die Versicherunghöhe festlegt etwa.
Ein einzigartiger Schatz
Schwieriger gestaltet sich das Schätzen der Schätze, wenn man nicht weiß, ob es überhaupt einen Käufer gäbe. Beispiel: Dortmunder Goldschatz. Rund 400 zarte, 2,5 Gramm leichte Münzen, die man zufällig bei Bauarbeiten gefunden hatte. Nimmt man den einfachen Goldpreis, bekommt man mit Glück den aktuellen Barren-Preis. Verkauft man die Münzen einzeln, könnten pro Münze bis zu 1500 Euro in die Stadtkasse fließen.
„Alle Münzen zusammen aber sind ein einzigartiger Schatz, der größte Fund altrömischer Münzen jenseits der Alpen“, freut sich Weick. Und: Wie soll man den (ideellen) Wert des mittelalterlichen Kreuzes aus der Aplerbecker Georgskirche berechnen? Wie den des Messeler Urpferdchens im Museum für Naturkunde? „Das sind gefühlte Millionen“, sagt Weick. Ob auch jemand bereit wäre, sie auf den Tisch zu legen, steht auf einem anderen Blatt. Für den Riesenkristall gäbe es sicher einen leidenschaftlichen Sammler. Aber für die 200.000 wirbellosen Tiere im Naturkundemuseum?
Nicht jeder Ölschinken ist was fürs Museum
Moden. Glück. Nachfrage. Wie bei Aktien kann man aufs richtige oder falsche Pferd setzen, kann Millionen gewinnen oder selbst den Einkaufswert verlieren.
Dabei kommt Kunst auf drei Wege ins Museum: Man findet sie (zufällig) – siehe Goldschatz. Man bekommt sie geschenkt. Oder: kauft. Immer wieder komme es vor, dass Kunstwerke angeboten werden, die man gar nicht haben will. „Die Objekte müssen schon in die Sammlungsstrategie passen“, sagt Weick diplomatisch. Was er meint: Nicht jeder Ölschinken von Oma Hertha ist auch was fürs Museum.
Im fünfstelligen Bereich ist Schluss
Beim Ankauf etwa von Bildern ist die Lage einfacher: „Wir versuchen seit Jahren, Kunst zu kaufen, die in 30 Jahren deutlich an Wert gewonnen haben wird“. Bei manchen Gemälden sei die Rechnung aufgegangen. Was man einst zu niedrigen D-Mark-Beträgen gekauft hatte, sei heute mitunter Millionen wert.
„Beim Ankauf von Objekten ist der fünfstellige Bereich das höchste der Gefühle im MKK“. Ausnahmen gebe es nur, wenn, wie jüngst, ein Altar für rund 400 000 Euro aufgenommen werden könne, weil die Museumsgesellschaft mächtig in die eigene Tasche griff und auch Bundesmittel locker gemacht werden konnten.