Dortmund. Immer mehr Ältere lassen sich ihr erstes Tattoo stechen - oft das gleiche wie Sohn oder Tochter. Auch Corinna und Chiara machen den Trend mit.

Damit geliebäugelt hatte Corinna Engel schon lange. Aber bei der TattooCon in der Dortmunder Westfalenhalle hat sie nun endgültig Nägel mit Köpfen gemacht. Oder muss es Nadeln heißen? So oder so: Die 51-Jährige hat sich ihre erste Tätowierung stechen lassen. Und zwar die gleiche wie Tochter Chiara. „Das soll unsere Verbindung ausdrücken.“

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Mit diesem Plan liegt die Medizinische Fachangestellte voll im Trend. Und das gleich doppelt. Immer mehr Menschen seien bereits jenseits der 50, wenn sie sich ihr erstes Tattoo stechen lassen, teilen die Veranstalter der Tätowier-Messe mit. Und fürs erste Bild werde sehr häufig ein Motiv gewählt, das auch Sohn oder Tochter auf der Haut tragen. Oder sogar das Enkelkind. . . Gestochen wird dann selbstverständlich gemeinsam. Geteilter Schmerz ist schließlich halber Schmerz.

Die beiden Frauen kommen aus Hamm zur TattooCon in der Dortmunder Westfalenhalle

So soll es auch bei Chiara und Corinna sein. Am Freitag, 3. Mai, sind die beiden Hammerinnen dafür nach Dortmund gekommen. Chiara wusste vorher, was sie dort erwartet. Die 23-jährige Studentin für Medizintechnik hat bereits ein Tattoo, das ihren linken Arm ziert. Linien und Sterne winden sich von unterhalb des Ellenbogens bis hoch zum Oberarm. Eine Bedeutung habe das Motiv nicht, erklärt sie. „Ich wollte etwas, das zeitlos ist, sich der Körperform anpasst und mir auch in 20 Jahren noch gefällt.“

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Vor gut einem Jahr hat sich Chiara das Fineline-Tattoo stechen lassen. Mama Corinna wusste von nichts und wurde mit einem Foto vor vollendete Tatsachen gestellt. „Ich war sofort total begeistert“, sagt sie. Der Wunsch, sich selbst etwas stechen zu lassen, reifte. „Ich hatte immer mal wieder drüber nachgedacht.“ Bei der Tattoo-Messe sei nun genau der richtige Termin gekommen. „Jetzt oder nie. Das Leben wird schließlich nicht länger, wenn man immer wartet.“

Wie genau das Tattoo aussehen wird, ist noch nicht klar

Und welches Motiv ist es geworden? „Sonne und Mond“, sagt Chiara. Sie sollen die Liebe zwischen Mutter und Tochter ausdrücken. „Wir haben viel miteinander durchgestanden.“ Aber die Himmelskörper stehen noch für mehr: „Der eine strahlt durch das andere – und ist nicht ohne den anderen denkbar“, erklärt Corinna. Wie genau das Tattoo aussehen würde, war lange nicht klar. „Wir mögen unterschiedliche Stile“, erklärt die 23-Jährige. „Mama mag es klarer, ich stehe mehr auf abstrakt.“ Nun wurde es deshalb eine Kombi daraus. „Das soll unsere Eigenschaften vereinen.“

Und so sieht das gemeinsame Tattoo von Mutter und Tochter nun aus.
Und so sieht das gemeinsame Tattoo von Mutter und Tochter nun aus. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Mama Corinna war aufgeregt, wenn sie an den Stich-Tag dachte. Angst davor hatte sie keine. „Nö, ich bin hart im Nehmen und nicht besonders schmerzempfindlich.“ Schließlich versicherte ihr auch Chiara: „Beim ersten Mal war es höchstens Schmerzlevel eins von zehn.“ Ihr ist aber klar: „Das war ja nur eine Linie, bei größeren, schwarzen Motiven kann das sicher ganz anders aussehen.“

Tochter Chiara hätte gerne noch mehr Tattoos

Aber da macht eine Sonne ja kein Problem. Und da die gut aussieht, würde Chiara jedenfalls nicht ausschließen, dass sich ihre Mutter später noch weitere Tattoo stechen lassen wird. „Nach dem ersten sinkt die Hemmschwelle, das weiß ich aus eigener Erfahrung“, sagt sie schmunzelnd. Schließlich hätte sie selbst noch mehr Kunst auf der Haut. „Aber das scheitert bislang am Geld.“

Chiara Engel hat für ihr erstes Tattoo eine abstrakte Linie mit Sternen gewählt. In Dortmund kommen nun Sonne und Mond hinzu.
Chiara Engel hat für ihr erstes Tattoo eine abstrakte Linie mit Sternen gewählt. In Dortmund kommen nun Sonne und Mond hinzu. © Funke Medien NRW | Engel

Am Unterarm sind Sonne und Mond bei den beiden Engel-Frauen aufgegangen. „So, dass man sie bei Bedarf auch verdecken kann“. Oder eben zeigen. Mama Corinna hat da kein Problem mit. „Wem es nicht gefällt, der soll nicht hinschauen.“ Für Tätowierungen gebe es doch längst keine Altersgrenzen mehr, meint sie. „Was glauben Sie, was ich bei meinen Patienten über 70 für tolle Tattoos sehe. . .“

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Dennoch: Sich das erste Tattoo mit über 50 stechen zu lassen, sei eine mutige Entscheidung, findet Tochter Chiara. „Mutig, aber überhaupt nicht peinlich.“ Im Gegenteil: Sie ist stolz, mit Mama gemeinsam zur TattooCon nach Dortmund fahren zu können. „Und wenn es die Oma wäre: Ich finde es voll cool.“