Dortmund. . Eine Messe für alle, die zwei rechte Hände haben. Neben Laptops, Robotern und Solarautos geht es aber auch um Bioland und Schmuck
Sieht aus wie Jules Verne, ist aber Hightech. Der Telampörer? Eine Lampe. Die Ätherwaffe? Falls sich auf einem fremden Planeten doch Widerstand regen sollte gegen Menschen. Sie war mal eine Wasserpistole in schreiend bunten Kinderfarben, sieht jetzt aus wie aus Eisen. So sind sie, die „Steampunker“: Kleiden sich wie im 19. Jahrhundert und erschaffen Dinge, die es geben könnte, wenn Dampf gewonnen hätte und nicht Strom.
„Objekte, die aussehen, als kämen sie aus dem 19. Jahrhundert“, sagt eine Frau. Ihr Handy trägt sie in einer umgebauten Butterbrotdose: Die blinkt, wirkt schwer und solide. Gut, danke, wie war nochmal Ihr Name? „Koko Lores.“
Tüftler, Bastler, Erfinder, Heimwerker
Das ist also die „Maker Faire“ in Dortmund in der „Dasa“, der Arbeitsschutzausstellung. Eine Messe für alle, die zwei rechte Hände haben: Baumarkt und Bastelladen sind ihre Geschäfte, Laser und Lötkolben ihr Ding.
Tüftler, Bastler, Erfinder, Heimwerker halt. Lieber Himmel, sie haben sogar am Namen geschraubt: an das englische Wort ,fair’ (Messe, Jahrmarkt) ein ,e’ angehängt, und man darf schwanken, ob das ein bildungsbürgerlicher Bezug zum Altenglischen ist oder vielleicht auch nur ein Marketing-Gag: Schaut her!
Autos mit Propellern und Raketen aus Flaschen
60 Stände, vielleicht 150 Teilnehmer oder 160 an diesem Wochenende. Wer hier nicht werkelt, der staunt: über Autos mit Propellern oder Raketen aus Flaschen, blinkende Osterhasen und 3-D-Drucker, Solarautos oder den „R2-Builder-Club“ (der offensichtlich fleißig war); Menschen züchten Pilze, um daraus Verpackungen zu machen, und gestandene Männer zeigen Brillen für die Dritte Welt.
Man kann sagen: Organisieren ist das Machen von Christoph Boosfeld – obwohl er jetzt gerade eine Brille vorführungshalber zusammensetzt. Der Kölner engagiert sich in der bundesweiten Initiative ,Die Ein-Dollar-Brille’, die sich vorgenommen hat, Menschen vor allem in Afrika und Südamerika mit erschwinglichen Brillen zu versorgen.
„Arbeit für einige und Brillen für viele“
Sie schicken Drähte, Linsen und ein Sehtestgerät etwa nach Malawi oder Bolivien, haben dort einheimische Helfer, die die Sehstärken messen, und dann zwei passende Linsen in den Draht klicken. Sieht am Ende tatsächlich aus wie eine Brille. „Arbeit für einige und Brillen für viele“, sagt Boosfeld.
Sie basteln und kleben, sie löten und hämmern, streichen an, experimentieren und programmieren. Und wenn noch Zeit ist, dann schauen sie beim erfindungsreichen Nachbarn vorbei. Häufigster Satz: „Sollen wir uns mal treffen?“
Und dann: ein Tomatenhäuschen
Da fällt der Stand von Stefan Rotsch etwas aus der Reihe. Gegenüber einer meterhohen Wand, auf der die Dasa zigtausende Schadstoffe aufgelistet hat, darunter echte Schätzchen wie Octamethylsilatetramin, Platinchlorid oder Ethyl-o-toluat, da steht Rotsch mit seinem Biogartenland, Tomatenhäuschen und Frühbeet.
Selbermachen ist ihm nicht fremd, er ist nämlich Werkzeugmacher und Hochschullehrer. An den gängigen Tomatenhäuschen stört ihn, dass die „nach einer oder zwei Saisons kaputt sind“. Was er baut, soll langlebiger sein und funktionaler -- die Bauteile beispielsweise für Häuschen und Frühbeet sind dieselben.
Schmuck aus altem Elektroschrott
Zehn Schritte weiter, schon wieder etwas anderes: Paula Pongratz und ihr Schmuck. Wenn der ,Chaos Computer Club’ entrümpelt, steht sie immer auf der Matte. „Bei denen entstehen immer Haufen, und bevor sie sie zum Schrott fahren, sage ich ,Halt, das nehme ich!“, sagt die junge Münchnerin.
,Postapokalytischer Schmuck’ steht über ihrem Stand: Kinder und Jugendliche machen nämlich aus dem Elektroschrott Schmuck. Ringe, Ketten, alles: „Die machen alles“, sagt Pongratz, die von ihrem Recycling-Kursen jetzt schon fast leben kann. „Bekannte bringen mir immer was.“ Was soll man da sagen? Eine gemachte Frau?
Und nebenan? Bauen sie 3-D-Drucker für Handprothesen von Kriegsversehrten. Dazu gibt’s Vorträge und Arbeitstreffen von ,Küchenexperimente’ bis ,Programmierung mit dem Java-Hamster’. Viele müde Kinder sind am Nachmittag unterwegs. Sagt die Mama: „Sollen wir mal gucken, ob der Roboter noch da ist?“ „Jaaa!“, sagt das kleine Mädchen.